Pressemitteilung/München - Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Simone Fleischmann, hält den innovativen Schulbau und die Sanierung bestehender Gebäude für eine der wichtigsten Aufgaben im Freistaat. Zwar glänze Bayern mit einzelnen gelungenen Schulbauten oder Sanierungen, die Gesamtbilanz falle jedoch nüchtern aus. Mittlerweile gebe es auch einen immensen Sanierungsstau bestehender Gebäude. Um ihn aufzulösen sind nach Berechnungen des BLLV fünf Milliarden Euro nötig. Grundlage dieser Berechnung sind Zahlen des KfW-Kommunalpanels 2017. "Guter Schulbau ist kein Standard, er muss aber zum Standard werden", erklärte Fleischmann anlässlich der Messe für Schulbau, die am 15. und 16. November in München stattfindet. Zu häufig würden Gebäude nach altem Muster und überholten Funktionsbeschreibungen gebaut oder saniert.
Fleischmann forderte das Kultusministerium auf, bestehende Leitlinien zu überarbeiten und mit allen beteiligten Akteuren in einen Dialog zu treten. Ziel müsse die Verwirklichung einer zeitgemäßen Bildungsinfrastruktur sein. Es müssten zudem Möglichkeiten geschaffen werden, Schulleitungen, Lehrkräften und Schülern mehr Mitspracherecht einzuräumen. "Pädagogisch durchdachte und leistungsfähige Schulbauten bilden die zentralen Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen", erklärte sie. Die Anpassung an neue pädagogische Herausforderungen lasse jedoch vielfach zu wünschen übrig. Der Schulbau in Bayern sei nicht auf der Höhe der Zeit, monierte sie.
In Bayern basierten Schulbaurichtlinien und Musterbauprogramme noch zu sehr auf dem Modell der nach Klassen- und Fachräumen gegliederten Schule, die im Halbtagsbetrieb läuft. "Moderne Schulen brauchen aber architektonische Konzepte, die Antworten auf aktuelle Herausforderungen geben. Stichwort Ganztag: Weil Schüler und Lehrer deutlich mehr Zeit in der Schule verbringen, ist es wichtig, dass sie sich in den Räumlichkeiten wohl fühlen. "Ganztagsschulen sind eine Antwort auf veränderte Arbeits-und Lebenswelten vieler Familien - ein Prozess, der auch in Bayern in vollem Gang ist", sagte Fleischmann. Das führe dazu, dass Schulen mehr und mehr zu Lern- und Lebensorten würden.
"Es liegt auf der Hand, dass die bauliche Gestaltung von Schule dieser Entwicklung Rechnung tragen muss." So löse sich die strikte Unterscheidung in "Unterrichtsbetrieb" und "Nachmittagsbetreuung" mehr und mehr auf, genauso wie die kategorische Trennung von Nutz- und Erschließungsflächen. Neben Räumen, die vor allem dem Frontalunterricht dienen, und spezialisierten Bereichen wie Werkstätten, Labors oder Ateliers seien unterschiedlich dimensionierte Arbeitsumgebungen für Teams nötig.
Hinzu kämen Herausforderungen wie die Umsetzung der Inklusion oder der sich verändernde Lernbegriff. Dies alles erfordere ebenso ein Umdenken in der Gestaltung von Schule. "Wurde früher frontal unterrichtet, dreht sich in innovativen Schulen alles um das Lernen. Lernen ist aber dann am effektivsten, wenn die Schüler nicht passiv, sondern möglichst aktiv und interaktiv agieren können. Dazu braucht es Räume - zum Beispiel Bildungslandschaften."
Pädagogisch-architektonische Grundkonzeption nötig
Gute Lern- und Arbeitsbedingungen müssen aus Sicht Fleischmanns einer erkennbaren pädagogisch-architektonischen Grundkonzeption folgen, für die es inzwischen zahlreiche Kriterien wie Orientierung, Atmosphäre, Vielseitigkeit und Veränderbarkeit, Langlebigkeit und Sicherheit oder Einbindung in den Stadtteil gibt.
Die BLLV-Präsidentin regte an, bei der Gestaltung von Schulräumen den Schulleitungen, Kollegien und letztlich auch den Schülern mehr Mitspracherecht einzuräumen. So könnte vermieden werden, dass die Gesichtspunkte der planenden Architekten an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbeigehen. Die Gestaltung von Schulgebäuden, Außenanlagen und Klassenzimmern hat so vielfältige Wirkungen auf die Nutzer, dass die Pädagogik nicht umsonst vom "Dritten Erzieher" spreche.