Recht auf Bildung
Das Recht auf Bildung ist ein Menschenrecht. Kinder ohne Schulabschluss, soziale Ungerechtigkeit, Unterrichtsausfall und mangelnde Inklusion sind daher rechtlich problematisch. Juristische Gegenmittel gibt es allerdings kaum - aber einen politischen Auftrag!
Rechtliche Grundlagen
Das Recht auf Bildung ist ein international anerkanntes Menschenrecht, das erstmals in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 festgeschrieben wurde:
Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung.
Auch im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen ist dieses Recht aufgeführt. Die Vertragsstaaten, zu denen Deutschland gehört, erkannten unter anderem an, dass:
- der Grundschulunterricht für jedermann Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich sein muss
- die verschiedenen Formen des höheren Schulwesens einschließlich des höheren Fach— und Berufsschulwesens auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, allgemein verfügbar und jedermann zugänglich gemacht werden müssen;
- der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss;
- eine grundlegende Bildung für Personen, die eine Grundschule nicht besucht oder nicht beendet haben, so weit wie möglich zu fördern oder zu vertiefen ist; die Entwicklung eines Schulsystems auf allen Stufen aktiv voranzutreiben, ein angemessenes Stipendiensystem einzurichten und die wirtschaftliche Lage der Lehrerschaft fortlaufend zu verbessern ist.
Selbiges findet sich im Übereinkommen über die Rechte des Kindes der UN-Kinderrechtskonvention von 1989; hier in Artikel 28:
Artikel 28 Recht auf Bildung; Schule; Berufsausbildung
(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Bildung an; um die Verwirklichung dieses Rechts auf der Grundlage der Chancengleichheit fortschreitend zu erreichen, werden sie insbesondere
a) den Besuch der Grundschule für alle zur Pflicht und unentgeltlich machen;
b) die Entwicklung verschiedener Formen der weiterführenden Schulen allgemeinbildender und berufsbildender Art fördern, sie allen Kindern verfügbar und zugänglich machen und geeignete Maßnahmen wie die Einführung der Unentgeltlichkeit und die Bereitstellung finanzieller Unterstützung bei Bedürftigkeit treffen;
c) allen entsprechend ihren Fähigkeiten den Zugang zu den Hochschulen mit allen geeigneten Mitteln ermöglichen;
d) Bildungs- und Berufsberatung allen Kindern verfügbar und zugänglich machen;
e) Maßnahmen treffen, die den regelmäßigen Schulbesuch fördern und den Anteil derjenigen, welche die Schule vorzeitig verlassen, verringern.
(2) Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Disziplin in der Schule in einer Weise gewahrt wird, die der Menschenwürde des Kindes entspricht und im Einklang mit diesem Übereinkommen steht.
(3) Die Vertragsstaaten fördern die internationale Zusammenarbeit im Bildungswesen, insbesondere um zur Beseitigung von Unwissenheit und Analphabetentum in der Welt beizutragen und den Zugang zu wissenschaftlichen und technischen Kenntnissen und modernen Unterrichtsmethoden zu erleichtern. Dabei sind die Bedürfnisse der Entwicklungsländer besonders zu berücksichtigen.
Dies bedeutet, dass Schulen in ausreichendem Maß zu Verfügung stehen und funktionsfähig sein müssen, dass der Zugang zur Bildung allen Menschen gewährt wird, dass Bildung hochwertig und kulturell angemessen ist und dass die Bildung auf Veränderungen von Gesellschaften eingeht.
Auch in der CHARTA DER GRUNDRECHTE der Europäischen Union, am 7. Dezember 2000 unterzeichnet und feierlich verkündet, findet sich das Recht auf Bildung; seit dem 1. Dezember 2009 hat diese Rechtsverbindlichkeit:
Artikel 14 Recht auf Bildung
(1) Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung.
(2) Dieses Recht umfasst die Möglichkeit, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen.
(3) Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.
Bereits in der EU wurde bei deren Gründung in Artikel 149 die gemeinschaftliche Entwicklung einer qualitativ hochwertigen Bildung beschlossen; in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
Zusammenfassend regelt das Recht auf Bildung immer:
- den freien Zugang zu Bildung
- die Chancengleichheit durch Bildung
- und das Schulrecht
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist das Recht auf Bildung nicht explizit formuliert; bislang wurde argumentiert, dass sich dieses implizit aus den im Grundgesetz festgeschriebenen Grundrechten ergibt.
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 19.11.2021 (zu den im Lockdown beschlossenen Schulschließungen) ein Recht auf Bildung erstmals anerkannt. Urteile des BVerfGs haben Verfassungsrang; seit dieser Entscheidung kann das Recht auf Bildung auch direkt aus dem GG hergeleitet werden.
Zur Durchsetzung des Rechts auf Bildung in Deutschland herrscht hier die allgemeine Schulpflicht.
Folgerungen
Das Recht auf Bildung ist ein Menschenrecht. Das heißt, dass in Deutschland allen Menschen, die der Schulpflicht unterliegen, der Zugang zur Schule ermöglicht werden muss. (Dies wird allerdings nicht immer durchgesetzt; bei Kindern, die z.B. dem sogenannten fahrenden Volk angehören oder Asylbewerber sind).
Auch widerspricht die in Deutschland konstant ermittelte Bildungsungerechtigkeit den von der Bundesrepublik ratifizierten Gesetzen. Hier müssten soziale und ökonomische Benachteiligungen beseitigt werden.
Insbesondere sollte auch mehr Sorge dafür getragen werden, dass möglichst keine Kinder ohne Schulabschluss die Schule verlassen.
Die Inklusion wird – trotz Ratifizierung durch die Bundesrepublik und jedes einzelne Bundesland nicht wirklich vorangetrieben.
Weiter ist der Unterrichtsausfall vermutlich höchst kritisch zu sehen. In Bayern werden nur ersatzlos ausgefallene Unterrichtsstunden in den Statistiken des Bayerischen Ministeriums für Unterricht und Kultus umfasst. Hier müssten eigentlich die tatsächlich gemäß dem Stundenplan gehaltenen Unterrichtsstunden gezählt werden, und die Abweichung in der Realität. Denn eine reine Beaufsichtigung der Schüler*innen z.B. in der Schulaula oder die Führung zweier oder mehrerer Klassen durch eine Lehrkraft entspricht der Definition von Unterricht nicht.
Auch hieraus lässt sich jedoch kein einklagbares Recht auf Bildung/Unterricht herauskristallisieren, da die Länder, in deren Kompetenz die Schulen fallen, selbst festlegen (in Absprache mit der KMK), wie sie die Schulbildung gestalten.
Nicht umfasst vom Recht auf Bildung ist ein Recht darauf, dass bestimmte Schulen oder bestimmte Bildungsangebote erst geschaffen werden oder erreichbar sind. Außerdem können vernünftige und objektive Zugangsvoraussetzungen festgelegt werden.
Notwendig ist jedoch, dass ordnungsgemäß erreichte Abschlüsse anerkannt werden. Der Bürger muss also Rechtssicherheit dahin gehend besitzen, dass er sich nicht „umsonst“ bildet. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass ausländische Abschlüsse den deutschen gleichgestellt werden müssen.
Wie die einzelnen Bundesländer das Recht auf Bildung gestalten, liegt in dem oben gezeichneten Rahmen in deren Verantwortung und Kompetenz. Ein einklagbares Recht z.B. auf Ganztagsbetreuung o.Ä. lässt sich aus dem Recht auf Bildung nicht herleiten.
Wünsche auf eine andere Art der Bildung lassen sich in Deutschland nur politisch durchsetzen.