Die Familie mit drei Kindern möchte einen großen Kombi, die Singlefrau träumt vom Cabrio, der Golden Ager vom SUV, während Umweltbewusste ein Elektroauto kaufen. Unvorstellbar wäre es, wenn es für alle nur ein einziges Automodell zu kaufen gäbe, sagen wir mal einen Golf. Egal, welche Motive meinen Autowunsch prägen: Ich muss mir einen Golf kaufen, etwas Anderes gibt es nicht. Dass sich dagegen Widerstand regen würde, ist klar. „Mehr Bedarfsgerechtigkeit beim Autokauf“ wäre die Forderung. Wie würde sie umgesetzt? Indem ich mich mit 25 Jahren entscheiden darf, ob ich künftig einen Golf Diesel oder einen Golf Benziner kaufe.
Reichlich absurd, was da steht. Beim Gymnasium wird aber genau das gemacht. Unabhängig von der Motivation einzelner Schüler, warum sie ihre Lernzeit dehnen wollen, werden zur „echten Individualisierung“ lediglich zwei Modelle angeboten: Das G8 oder – mit einer einzig möglichen Entscheidung nach der 5. Klasse – das G9. Gibt es in zumutbarer Umgebung nur wenige Gymnasien, müssen sich die Kinder (bzw. deren Eltern) schon mit dem Übertritt entscheiden, wie lange sie das Gymnasium durchlaufen wollen. Diejenige, die weniger Nachmittagsunterricht haben will, bekommt den gleichen Stundenplan und das gleiche Angebot wie eine andere Schülerin, die mehr Förderung benötigt. Entscheidet sich ein Schüler am Ende der 5. Klasse für G8, muss er dies durchziehen: Bräuchte er eine spätere Dehnung (Scheidung der Eltern, längere Krankheit usw.), hat er Pech gehabt. Ihm bleibt nur das Durchfallen. Echte Individualisierung ist das nicht.
Echte Individualisierung darf sich nicht darin erschöpfen, dass die einen acht Jahre am Gymnasium bleiben und die anderen neun. Echte Individualisierung muss möglichst passgenaue Angebote für jeden Schüler ermöglichen, die für die einzelne Schule organisierbar sein müssen. Das Modulsystem ermöglicht dies. Am Beispiel dreier fiktiver Schüler wird hier erklärt, wie das Modulsystem genau dies schafft: