Die über Generationen im BLLV an führender Stelle engagierte Kollegin Margit Heidecker ist zum Jahresbeginn im Alter von 95 Jahren verstorben. Der BLLV und der Nürnberger Lehrer- und Lehrerinnenverband (NLLV) trauern um eine herausragende Persönlichkeit in der Geschichte des Lehrerverbands.
Margit Heidecker hat in einer Zeit, in der der BLLV noch von Männern dominiert wurde, in verschiedenen Funktionen in Nürnberg, in Bayern, im Bund und international ihre Frau gestanden. Sie hat hierbei selbstbewusst und engagiert die Mission des BLLV vorangetrieben: Kinder ganzheitlich zu bilden.
Ihr Fokus: Ganzheitliche Bildung, Gleichwertigkeit aller Lehrkräfte, Stärkung der Hauptschule
Als begeisterte Musikerin, als zeitlebens kulturell interessierte und engagierte Pädagogin und als Mitstreiterin in der Schullandheimbewegung hat sie den ganzheitlichen Bildungsbegriff, den der BLLV seit seiner Gründung vertritt, in der Schule und im BLLV gelebt und vorangetrieben. Sie war Pädagogin mit Leib und Seele und setzte sich ein für einen pädagogisch verstandenen Bildungsbegriff und eine Schule, in der dieser Bildungsbegriff Wirklichkeit werden soll. Außerdem galt ihr besonderes Augenmerk, für die Gleichwertigkeit der Lehrerinnen und Lehrer und für die Stärkung der Hauptschule zu sorgen.
Margit Heidecker wurde 1926 geboren. Ihre Jugend war geprägt von den Auswirkungen des 2. Weltkrieges. Sie wurde Zeugin der verheerenden Bombardierungen Nürnbergs. 1947 beendete sie die Abschlussklasse der Lehrerbildungsanstalt Eichstätt, um am 1. Januar 1948 im Alter von 21 Jahren ihren Vorbereitungsdienst im zerbombten Nürnberg anzutreten: Im Klassenzimmer saßen vor ihr vom Krieg verstörte und traumatisierte Kinder und Jugendliche. Fast 40 Jahre (1948 bis 1986) war sie als Lehrerin an Nürnberger Schulen tätig. Sie führte dabei immer Oberklassen, davon viele Jahre die sogenannten Aufbauklassen (9. und 10. Jahrgangsstufe an der Volksschule zum Erwerb der mittleren Reife).
Von 1984 bis 1990 war Heidecker Vizepräsidentin unter Dannhäuser
Dem BLLV trat sie 1948 bei, zu einem Zeitpunkt als er noch Bayerischer Lehrerverein hieß. Die Frauen kamen nicht nur im Namen nicht vor, es gab auch noch kaum aktive Mandatsträgerinnen. Erst ganz langsam begann man im BLLV, Frauen bei „dienenden“ Ämtern zu akzeptieren - als Schriftführerinnen, als Beisitzerinnen und schließlich als 2. Stellvertreterinnen. Davon war Margit Heidecker eine der ersten – zuerst stellvertretende Vorsitzende des NLLV (1974 bis 1985), dann Schriftführerin im Landesverband (1978 bis 1984) und schließlich 2. Stellvertreterin des Präsidenten Albin Dannhäuser (1984 bis 1990). Insofern machte sie im BLLV Karriere von „Mannes Gnaden“.
Bei Margit Heidecker ist dies aber weit gefehlt, denn sie trat von Anfang an selbstbewusst und mit großer Überzeugungskraft auf. Sie begleitete und führte die Fachgruppen mit strenger Hand nach der Devise: Wer sich wählen lässt, der muss auch arbeiten. Sie engagierte sich auf Bundesebene im Dachverband des BLLV, dem Verband Bildung und Erziehung (VBE), und vertrat diesen unter anderem im Europakomitee der World Confederation of Teaching Professions (WCOTP). Für den BLLV war sie die Verbindungsfrau zum bayerischen Musikrat, zum Verband Bayerischer Schulmusiker, zum Verband deutscher Kunsterzieher und zum Schullandheimwerk.
Der NLLV war für sie Heimat und Familie
Margit Heidecker war bis zu ihrem Tod hundertprozentige BLLVlerin und NLLVlerin. Der NLLV war ihre Heimat, ihre Familie. Sie nahm bis in die letzten Tage lebhaft Anteil an den Aktivitäten des NLLV und des BLLV. Bis zum Ausbruch der Pandemie besuchte sie fast alle Veranstaltungen des NLLV. Dort fand sie bis zuletzt liebevolle Unterstützung und freundschaftlichen Austausch: Sie wird eine große Lücke hinterlassen. Ihr Humor, ihre Fröhlichkeit und Menschlichkeit bleiben unvergessen.
Autor: Dr. Dieter Reithmeier (ehemaliger BLLV-Landesgeschäftsführer)