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Integration braucht mehr Lehrkräfte und Experten – sonst leiden alle Kinder

Sie können die Sprache nicht, sind oft traumatisiert, haben Zukunftsängste: Ukrainische Kinder an Bayerns Schulen brauchen professionelle Hilfe. Der akute Personalmangel hat daher schlimme Folgen – für alle Kinder, stellt BLLV-Präsidentin Fleischmann klar.

Seit Kriegsbeginn werden inzwischen rund 30.000 zusätzliche ukrainische Kinder und Jugendliche an bayerischen Schulen unterrichtet. Eine enorme Herausforderung, wie Andrea Zran, Schulleiterin einer Grundschule in Haar bei München, im Gespräch mit merkur.de schildert: „Wir wissen oft nicht, was die Kinder erlebt haben. Manche sind aggressiv und stören den Unterricht, bringen den ganzen Unterricht durcheinander. Sie suchen ein Ventil, um das Erlebte zu verarbeiten.“

Dazu kommt oft noch die Sprachbarriere. An Zrans Grundschule hilft zwar zwei Tage die Woche eine ukrainische Lehrkraft. Doch das reicht bei Weitem nicht: „Die Lehrer schlagen sich größtenteils mit Übersetzungs-Apps durch“, berichtet Andrea Zran. „Wenn es im Klassenraum zu laut ist, geht der Lehrer mit dem Kind raus, um die App zu nutzen. Währenddessen kommt drinnen der Unterricht wieder zum Erliegen.“

Spannungen nehmen zu

Aus Sicht der Schulleiterin ist daher ganz klar: „Wir brauchen dringend Psychologen und Fachkräfte mit der nötigen Sprach- und Kulturkenntnis.“ Denn die Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine sind in einer Zeit an die bayerischen Schulen gekommen, in der ohnehin schon akuter Personalmangel herrscht, weswegen vieles unter den Tisch fallen muss, was umfassende, ganzheitliche Bildung ausmacht.

Das treibt auch BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann um. Sie sagt zum einen ganz klar: „Wir wollen die Integrationsaufgabe annehmen.“ Doch wollen allein reicht eben nicht, wenn die nötigen Ressourcen nicht bereitgestellt werden. „Die Frage ist aber, wie lange noch, und zu welchem Preis“, warnt Fleischmann daher und beschreibt die Auswirkungen so: „Jetzt kommt es sehr häufig zu Spannungen. Spannungen zwischen den Eltern, die für ihre Kinder die Förderung des Lesens möchten, eine Arbeitsgemeinschaft Basketball vermissen oder gern den Mathe-plus-Kurs hätten.“

„So werden wir niemandem gerecht“

Wenn die politisch Verantwortlichen nicht reagieren, gibt es daher nur Verlierer. Zum einen Lehrkräfte, für die der Herzenswunsch der Integration ukrainischer Kinder ohne die nötige Unterstützung letztlich unerfüllbar bleibt: „Wir versuchen, den Kindern die Zeit so angenehm wie möglich zu machen. Aber unserem Lehrauftrag können wir bei diesen Kindern nicht gerecht werden. Wir bräuchten dringend mehr Personal, um das zu bewerkstelligen!“

Zum anderen aber eben alle Kinder, wie BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann klarstellt: „Wir sind einfach zu wenige. Zu wenige professionell ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Zu wenige Experten. Und so werden wir weder den einen Kindern noch den anderen gerecht.“

» zum Artikel „Traumatisiert und einsam: So leiden Schüler aus der Ukraine in Bayerns Klassenzimmern“

» zum Artikel auf tz.de



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Mit Herz und Haltung nehmen Lehrkräfte geflüchtete Kinder aus der Ukraine an. Diese Kinder brauchen nicht nur Konzepte, sondern auch Menschen! Wie ehrlich sind Versprechen der Politik? » bllv.de/muster-brechen