im Wortlaut:
Das Schuljahr 2017/18 geht mit einem sehr ambivalenten Gefühl zu Ende. Einerseits können wir stolz sein, dass wir trotz der äußerst widrigen Rahmenbedingungen und der personellen Unterversorgung die enormen Herausforderungen einigermaßen geschafft haben. Andererseits müssen wir feststellen, dass diese Situation letztlich unzumutbar ist. Sie führt viele von uns an unsere Grenzen und sie unterläuft die Qualität unserer Arbeit und der Schule.
Erfreulich ist, dass wir durchaus noch vor wenigen Jahren nicht denkbare Erfolge erreicht haben wie zum Beispiel die Ankündigung des Ministerpräsidenten Markus Söder, im Nachtragshaushalt 2000 neue Stellen zu schaffen, die Zahl der Verwaltungsangestellten merklich aufzustocken und die Schulleitungen wenn zwar auch nur geringfügig zu entlasten.
Schulen in prekärer Situation
Dennoch: Alle Schulen aller Schularten befinden sich in einer prekären Situation, vor der wir als BLLV seit Jahren warnen. Leider hat die Tagespolitik diese Warnungen nicht wirklich ernst genommen. Erst durch die Flüchtlingskrise und den Innovationsdruck infolge der Digitalisierung unserer Gesellschaft wurden sich die CSU und die Staatsregierung bewusst, dass die Schulen für die große Verantwortung, die sie für das Wohl unserer Gesellschaft übernehmen, nicht annährend ausreichend ausgestattet sind. Ich habe aus diesem Grund noch vor den Sommerferien in den Medien darauf hingewiesen, dass wir im nächsten Jahr an den Grund- und Mittelschulen erneut erhebliche Engpässe haben werden und wir von den politisch Verantwortlichen endlich eine ehrliche Bestandsaufnahme erwarten. Das jahrelange Schönreden dieser prekären Situation hat uns in diese Situation gebracht. Damit muss jetzt Schluss sein.
Was Bayerns Schulen brauchen
Wir brauchen hohe Investitionen in Bildung und Schule, die wohl durchdacht sein wollen: flexibel, effizient, intelligent. Wir brauchen wirksame Maßnahmen zur Motivation der Kolleginnen und Kollegen, die in vielen Fällen nun schon über Jahre weit über ihre Kräfte arbeiten und sich verschleißen. Wir brauchen eine grundlegende Reform der Lehrerbildung, damit die jungen Kolleginnen und Kollegen den Herausforderungen in der Schule gerecht werden. Und wir brauchen angesichts des Hypes rund um die sog. Digitalisierung eine Rückbesinnung auf einen humanistisch geprägten pädagogischen Bildungsbegriff, wie wir ihn als BLLV vertreten, und keinen neuen Bildungsbegriff.
Die Verrohung der Sprache gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt
Mit größter Sorge haben wir in den letzten Wochen die Diskussionen um die Frage des Umgangs mit Geflüchteten verfolgt. Aus meiner Sicht ist diese Art der Diskussion unwürdig, zynisch und menschenverachtend. Als Lehrerinnen und Lehrer wissen wir sehr gut, welche Herausforderung der Umgang und die Integration der großen Zahl an Flüchtlingen konkret bedeuten. Ja, das ist keineswegs leicht. Wir erleben es täglich: Unterrichten von Kindern anderer Kulturen, anderer Religion, mit anderen Wertvorstellungen verbunden mit Biografien angefüllt mit Gewalt, existenzieller Verlustangst, Verfolgung, Hunger und Demütigung ist äußerst komplex und schwierig. Dennoch: Es sind Menschen. Menschen, die zum allergrößten Teil aus purer Not und Verzweiflung zu uns gekommen sind und Menschen, die auf Zuwendung und auf Verständnis hoffen. Und in vielen Fällen gelingt die Integration der Kinder in unseren Schulen.
Vor diesem Hintergrund sehe ich es als verantwortungslos an, mit welcher Sprache das Flüchtlingsthema inzwischen von Spitzenpolitikern der CSU öffentlich diskutiert wird. Sie verlassen damit aus meiner Sicht unsere gemeinsamen christlichen Werte und Überzeugungen. Sie schaden der Glaubwürdigkeit der Politik und der Akzeptanz der Demokratie. Und sie leisten populistischen Strömungen Vorschub, die eine liberale, offene Gesellschaft ablehnen. Unser Manifest HALTUNG ZÄHLT ist angesichts dieser Entwicklung der öffentlichen Auseinandersetzung aktueller denn je.
Als Pädagoginnen und Pädagogen fühlen wir uns den Werten der Menschlichkeit, der Solidarität und der gegenseitigen Hilfe verpflichtet. Ausgrenzung kann nicht unsere Leitlinie sein. Wir wollen diese Werte bei allen Problemen, die wir auch erleben, nicht aufgeben - im Gegenteil: Wir glauben, dass auch im 21. Jahrhundert diese Werte bedeutend sind und nur durch sie die Welt lebenswert wird. Das ist meine tiefe Überzeugung, zu der ich auch als Präsidentin des BLLV öffentlich stehen will.
Danke!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen sehr herzlich dafür danken, dass Sie den Einsatz des BLLV für bessere Arbeitsbedingungen, für einen pädagogischen Bildungsbegriff und für eine offene und menschliche Gesellschaft unterstützen. Ich danke Ihnen für Ihre Treue zum BLLV. Wir sind eine sehr wichtige Berufsgruppe, die maßgeblich dazu beiträgt, dass diese Gesellschaft stabil ist und mehrheitlich immer noch ein menschliches Gesicht trägt. Das soll uns auch in Zukunft Aufgabe sein. Dazu gehört auch ein grundsätzliches Umdenken in der Bildungspolitik. Ohne umfangreiche Investitionen und ohne die Motivation von uns Lehrerinnen und Lehrern wird dies nicht gelingen.
Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute und für die bevorstehenden Sommerferien Muße und Zeit zum Entspannen und Kräfte tanken.
Mit herzlichen Grüßen
Simone Fleischmann