Die Zahl der Kinder, die hungrig in die Schule gehen und nicht ausreichend zu essen bekommen, wächst offensichtlich auch im reichen Bayern. Das belegen aktuelle Zahlen des Frühstücksprojekts "denkbar", das der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) vor sechs Jahren ins Leben gerufen hat. Über 100 Schulen in Bayern haben sich bislang an dem Schulfrühstücksprojekt beteiligt. "Wir erreichen damit täglich über 5000 Kinder an allen Schularten und sorgen dafür, dass sie nicht mit knurrendem Magen im Unterricht sitzen", informierte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann heute in München. Der Bedarf sei von Anfang an groß gewesen - und er steige weiter. Umso erfreulicher sei es, dass der Fortbestand des Projekts gesichert sei. Zu den Unterstützern zählen u.a. die Stiftung "Antenne Bayern hilft", die Hilfsorganisation "Bild hilft e.V. ein Herz für Kinder", der "Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung", der "Gewinn-Sparverein der Sparda-Bank e.V." und die "Hubert-Beck-Stiftung zur Ausbildungsförderung". Seit 2014/15 finanziert auch das Sozialministerium in ausgesuchten Regionen das Frühstück an bayerischen Grundschulen.
Armut grenze aus - Ausgrenzung dürfe aber in einem christlich-sozialen Bundesland nicht toleriert werden, erklärte Fleischmann. Vor Projektbeginn im Jahr 2012 sei der BLLV davon ausgegangen, dass in einigen Schulen bis zu 70% der Kinder mit leerem Magen im Unterricht sitzen würden. "Wir sind dann aber erschrocken, wie konsequent unsere Einschätzung bestätigt wurde und immer noch bestätigt wird", so die BLLV-Präsidentin. Auf den Weg gebracht hätten das Projekt damals die Benefizaktion Sternstunden des Bayerischen Rundfunks in Kooperation mit der BLLV-Kinderhilfe, erinnerte sie. Ziel der "denkbar" sei es, pragmatisch und unbürokratisch zu helfen. "Erfreulicherweise geht es nun auch weiter."
Unterstützung für interessierte Schulen
"Die Schulen können Bedarf anmelden und erhalten vor allem konzeptionelle Unterstützung, um allen Kindern, die zu Hause kein Frühstück bekommen, einen gesunden Imbiss anbieten zu können", erklärte Fleischmann. Wie das Frühstück zubereitet, wo und wann es eingenommen werde, regle die Schule selbst.
Begleitet werde das Ernährungsprojekt von "Frühstückslotsen", die vor Ort beim Organisieren helfen, sich um Details kümmern und die Lehrkräfte entlasten. Sie erhielten für ihren Einsatz eine geringe Aufwandsentschädigung. Die Heranwachsenden erhielten Informationen über ganzheitliche Lebensweise.
Bezug zum Frühstückslotsen aufbauen
"Von Anfang an wurde den Schulen bei Gestaltung und Durchführung des Schulfrühstücks kein allgemein verbindliches Patentrezept an die Hand gegeben. Wie sich zeigt, kommen an den geförderten Schulen unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichen Organisationen und Gruppierungen als Frühstückslotsen zum Einsatz. Senioren, Eltern, Verwandte helfen mit, genauso wie Lehrkräfte, Fördervereine, Kirchen oder Jugendliche, die ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren. Wichtig ist uns lediglich, dass die Kinder einen Bezug zum jeweiligen Frühstückslotsen aufbauen können - nur so werden sie gerne am Schulfrühstück teilnehmen."
Derzeit sind rund 260.000 Mädchen und Jungen unter 18 Jahren in Bayern armutsgefährdet. "Viele von ihnen haben nicht genug zu essen und nehmen auch nicht an einem kindgerechten Leben teil, weil es sich ihre Eltern nicht leisten können. Wir wissen, dass Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien anhaltend mangelernährt sind und oft hungrig in die Schule oder in den Kindergarten kommen." Sie seien unkonzentriert und schnitten im Leistungsvergleich deutlich schlechter ab als gut versorgte. "Wie sich herausgestellt hat, gibt es aber auch viele Kinder aus besser gestellten Familien, die allein gelassen werden und ihren Alltag mehr oder weniger selber bewältigen müssen", betonte Fleischmann.
Das Schulfrühstück "denkbar" wende sich deshalb an alle, die Hilfe brauchen und Hilfe annehmen wollten. "Unser Ziel ist es, eine flächendeckende und schulartübergreifende Versorgung aufzubauen, wobei die Schulen die Freiheit haben, die finanziellen Zuwendungen so einzusetzen, wie es vor Ort am sinnvollsten ist." Armut und Verwahrlosung seien leider in vielen Familien zum Thema geworden - "wir dürfen das nicht ignorieren, sondern stehen in der Pflicht zu helfen."
Auf Anfrage vermitteln wir Ihnen gerne Schulen, in denen das Projekt "denkbar" umgesetzt wird. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an das Projektteam denkbar im BLLV, Tel: 089/ 72100 864.
Weitere Informationen zum Schulfrühstück finden Sie auf der BLLV-Homepage unter www.denkbar.bllv.de .