Ein Minister verkündet im Wahlkampf die seit Jahrzehnten geforderten Aufstiegschancen für Förderlehrkräfte, scheidet dann überraschend aus der Regierung aus und jeder dachte: das war´s dann wieder - ein nicht eingelöstes Wahlversprechen mehr! Seit gestern wissen wir es besser: die aktuelle Kultusministerin, Anna Stolz, hat ihre Ankündigung wahr gemacht und eine vom Vorgänger versprochene Aufstiegsmöglichkeit von ihrer Verwaltung umsetzen lassen! Respekt und Dank für diese verantwortungsvolle Politik, die auch Vertrauen schafft.
Da muss noch mehr gehen, Frau Ministerin Stolz
Doch zum Jubeln ist vielen Förderlehrerkräften und uns als BLLV dennoch nicht. Lediglich für 18 von ca.1.200 Förderlehrkräften wird es aktuell diese Möglichkeit zum Aufstieg als „Förderlehrkraft mit Schwerpunkt Sprachförderung“ geben. Das sind nicht einmal zwei Prozent! Da muss mehr gehen, Frau Ministerin Stolz, wenn Sie die Arbeit der Förderlehrkräfte wirklich so wertschätzen und echte Verbesserungen für den Großteil der Förderlehrer und Förderlehrerinnen umsetzen wollen. Die Erhöhung des Anteils an eigenverantwortlichem Unterricht im Rahmen der Notmaßnahmen zur Lehrkräfte- und Unterrichtsversorgung galt auch nicht nur für zwei Prozent, sondern wurde auf 100 Prozent der Förderlehrkräfte angewandt - ohne dass bisher eine Gegenleistung dafür im Raum steht!
Gespannt darf man auf die genauen Ausführungs- und Einsatzbestimmungen für diese neue Fachfunktion sein. Einige Eckpunkte sind bereits bekannt - andere liegen noch im Dunkeln. Dass eine Besoldungsanhebung auch mit mehr Verantwortung (Leistungserhebungen) und Einsatz (14 Stunden eigenverantwortlicher Unterricht) verbunden wird, ist durchaus nachvollziehbar.
Konkrete Regelungen und Auswirkungen noch kaum abzuschätzen
Welchen Status haben dann aber diese KollegInnen? Bleiben Sie „weiteres pädagogisches Personal“ nach Art 60 BayEUG wie bisher oder sind sie durch die Leistungserhebung (Benotungsrecht?) und den hohen Anteil an Eigenveranwortung dann tatsächlich „Lehrkräfte im Sinne des Art 59 BayEUG? Zählen ihre eigenverantwortlichen Stunden zu dem im KMS zur Klassenbildung festgelegten Durchschnitt von 10 Stunden Einsatz von FörderlehrerInnen im Lehrerbudget? Muss die Gemeinschaft der FöL auch hier Stundendefizite als „Solidargemeinschaft“ ausgleichen? Das heißt, A9/10 besoldete FörderlehrerInnen übernehmen dann die fehlenden Stunden der A11/12 FörderlehrerInnen wenn sie zum Beispiel in familienpolitischer Teilzeit weniger als 14 Stunden einbringen?
Wie müssen sich Förderlehrerinnen und Förderlehrer fühlen, wenn sie ebenfalls „Sprachförderung“ in Vorkursen, Deutschklassen oder DeutschPlus leisten, dafür aber nur A9/10 bekommen? Sie tun das seit Jahrzehnten bereits äußerst engagiert und haben sich auch das notwendige Können dafür sowohl in der Ausbildung als auch in langen und intensiven Fortbildungsmaßnahmen angeeignet. Viele dieser FörderlehrerInnen haben auch an Konzepten und Fortbildungsmodulen für den Spracherwerb und die Sprachförderung jahrelang mitgearbeitet. Alleine die Thematik „Vorkurs“ wurde über Jahrzehnte fast ausschließlich von Förderlehrerkräften gestaltet. Nun sollen die Förderlehrerinnen und Förderlehrer mit Schwerpunkt Sprachförderung an den Nachbarschulen aber für die gleiche Tätigkeit A11/12 bekommt? Wie sollen Schulämter oder Schulleitungen diese unterschiedlichen Einsatzszenarien realisieren? Fragen und Unklarheiten, für die spätestens im Herbst mit Beginn des neuen Schuljahres Antworten parat stehen sollten. Zudem war auch ein Aufstieg im Bereich "Inklusion" versprochen worden. Wie steht es damit?
Sie sehen, Frau Staatsministerin, es bedarf noch einiges an Feinarbeit, um die grundsätzlich gute Idee in der Realität unterzubringen. Wir bieten Ihnen hier gerne den Dialog an, denn wir Förderlehrerkräfte sind die, die es betrifft, aber auch die, die wissen, was es für eine erfolgreiche Umsetzung braucht.