Es ist nur allzu verständlich, dass wir uns alle im gegenwärtigen Ausnahmezustand der Coronavirus-Pandemie nach unserem gewohnten Leben zurücksehnen. Neben den schmerzlichen Einschränkungen in unserem Alltag wachsen die Sorgen um viele Arbeitsplätze und wirtschaftliche Existenzen und damit um Wohlstand und sozialen Frieden in unserer Gesellschaft.
Immer lauter werden die Stimmen derer, die eine schnelle Rückkehr zum wachstumsgetriebenen Wirtschaften fordern, um die ökonomischen Folgen der Krise in Grenzen zu halten. Dabei müsste klar sein, dass es ein „Weiter so wie bisher!“ nicht geben darf. „Bereits bestehende globale Herausforderungen wie insbesondere der Klima- und Artenschutz verschwinden mit der Coronavirus-Krise nicht“, mahnen die Wissenschaftler der „Leopoldina“ in ihrer Stellungnahme vom April völlig zu Recht an.
Sie weisen sogar darauf hin, dass die „Zunahme der Bevölkerung, Urbanisierung und globale Mobilität, die Vernichtung und Abnahme der Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen [...] und der Klimawandel wesentlich zum Ausbruch von Epidemien und Pandemien beitragen.“
„Politische Maßnahmen sollten sich auf nationaler wie internationaler Ebene an den Prinzipien von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit, Zukunftsverträglichkeit und Resilienzgewinnung orientieren [...]. Wird diese Chance vertan, so dürfte auf Grund der Größe der jetzigen Wirtschaftsprogramme ein später nötiges drastischeres Umsteuern extrem schwierig werden. Daher liegt in der Wahrnehmung dieser historischen Chance eine kaum zu überschätzende Verantwortung der Handelnden“, betonen die Wissenschaftler.
Konsequenzen für Schule und Bildungspolitik
Hier und jetzt muss auch „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) und dabei insbesondere die gemeinsame Erforschung und Erprobung eines nachhaltigen Lebensstils im Schulalltag mit besonderem Nachdruck vorangetrieben werden. Nicht „on top“ und nebenbei, sondern als roter Faden von Schulleben und Schulentwicklung.
In einem wesentlichen Punkt kann BNE sogar direkt von der Coronakrise profitieren: Wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass bisher Selbstverständliches von heute auf morgen von bisher Undenkbarem abgelöst wurde. In kürzester Zeit fand ein tiefgreifender Wandel statt, wenn auch nur auf Zeit. Genau diese Erfahrung kann uns dabei helfen, angesichts der globalen Herausforderungen nicht länger zu resignieren, sondern gemeinsam anzupacken und unsere „Gestaltungskompetenzen“ zu entfalten.
Von einer solchen Dynamik können sich auch Politiker*innen ermutigt fühlen notwendige Entscheidungen zu treffen, weil sie erkennen, dass diese von „den Menschen“, ihren Wählern, tatsächlich auch gewollt sind.
Allerdings: Genauso wie wir die Digitalisierung nicht nebenbei adäquat „implementieren“ konnten, brauchen wir auch bei diesem tiefgreifenden Innovationsprozess neben klugen Ideen und kreativen Lösungen vor Ort auch kraftvolle Unterstützung von Seite der Schulverwaltung. Dabei müssen sich die Verantwortlichen darüber klar sein, dass der Klimawandel nicht wartet, bis sich der Lehrermangel erledigt hat. // Martin Göb-Fuchsberger