Zur aktuellen Situation der Kommentar von BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann mit zehn klaren Statements:
1. Der Ministerpräsident spricht davon, dass es keinen Kaltstart geben kann. Genau das ist auch die Auffassung des BLLV: wir brauchen Zeit für Bildung und noch mal mehr Zeit für Gesundheit. All die Kriterien, die nun bei der Öffnung der Schulen gelten sollen, brauchen Strategien, Konzepte und vor allem Zeit für Kommunikation an alle Beteiligten. Transparenz ist hier ganz wichtig: Kommunikation mit den Beförderungsunternehmen, den Sachaufwandträger, den umliegenden Schulen, den Eltern, den Lehrern und allen, die im schulischen Setting arbeiten muss nun zu 100 % gewährleistet werden. Das ist das A & O, wenn sukzessive ein Schulstart gelingen soll.
2. Der Kultusminister stellt den Grundsatz voran: Gesundheit hat Vorrang. Es geht um ein besonnenes Hochfahren. Seine Ansage, dass es Vertrauen braucht, dass alle Beteiligten diesen sukzessiven Schulstart hinbekommen werden, tut gut. Sein Dank Richtung Schulfamilie und Lehrerverbände ist angesagt. Er spricht davon, dass wir es nur gemeinsam und zusammen schaffen. Genau das ist der richtige Ansatz. Die Experten vor Ort sind wir! Inwieweit die Schulleiterinnen und Schulleiter vor Ort die einzelnen Kriterien umsetzen können, liegt in der Kompetenz der Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Dafür braucht es Vertrauen der Führung: Dieses sprach der Kultusminister aus.
3. Der Grundsatz: „Ältere vor Jüngeren!“ ist absolut nachzuvollziehen. Genau das war die Forderung des BLLV. Keinesfalls mit den Grundschülerinnen und Grundschülern beginnen. Wenn nun 14 % der Schülerinnen und Schüler aus den Abschlussklassen am 27. April beginnen, ist das genau der richtige Weg. Eine anschließende Evaluation scheint hier sehr sinnvoll. Um dann ab 11. Mai einen möglichen zweiten Schritt zu implementieren. Die Klassen, die ein Jahr vor dem Abschluss stehen – und ggf. die 4. Klassen - dann zu integrieren. Danach, sagte der Kultusminister, werden wir weiter schauen, was angezeigt ist. Auch diese prozesshafte Vorgehensweise ist nicht nur gesundheitspolitisch nachzuvollziehen, sondern für unser Schulmanagement sehr wichtig und richtig.
4. Die Detailpunkte, die bereits genannt wurden, gilt es nun konzeptionell gut zu integrieren. Bis zum 27. April soll die Kultusministerkonferenz hier Konzepte vorlegen. Dann erwarten wir klare Rahmenbedingungen aus dem Kultusministerium hier in Bayern. Anschließend können die Schulleiterinnen und Schulleiter den „Rahmen ausmalen“: schauen, inwieweit sie diese Kriterien an ihren Schulen umsetzen können: maximal 10-15 Schüler im Klassenzimmer, eine besondere Sitzordnung, keine Raumwechsel, 4 m² pro Schüler, eineinhalb Meter Abstand, keine Gruppenarbeiten, schrittweise Beschulung, zeitlicher Parallel- oder Schichtbetrieb, keine Pausen wie üblich, ein professionelles Pausenkonzept, kein Pausenverkauf, kein Mensa-Betrieb. Ob diese Kriterien alle eingehalten werden können, zeichnet sich an den einzelnen Schulen vor Ort ab. Umso wichtiger ist es jetzt: Die Schulleiterinnen und Schulleiter müssen uneingeschränkt Zeit haben, das Sicherheitskonzept und all die pädagogischen, organisatorischen und inhaltlichen Konzepte an ihrer Schule vor Ort umzusetzen.
5. Hygienemaßnahmen und Sicherheitskonzepte: hierüber wurde noch wenig gesagt. Es gibt große Spekulationen darüber, ob es beim Abstand halten und bei der Reduzierung der Schülerzahl pro Klassenzimmer bleibt, oder ob es doch auch Masken sind, die getragen werden sollen.
Die Diskussion zeigte: Scheinbar soll es ohne Masken gehen. Eines wäre klar: alle Schutzmaßnahmen, alle Materialien und alles, was wir brauchen, um die Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten, besorgen nicht wir.
Nicht wir Lehrerinnen und Lehrer und Schulleiterinnen und Schulleiter sind hier verantwortlich, sondern der Sachaufwandsträger!
Und dann kommt noch hinzu, dass der Kultusminister deutlich machte, dass es auch sein kann, dass bis Ende dieses Schuljahres die Schülerinnen und Schüler die Schule nicht mehr sehen werden. Hier gilt es, dran zu bleiben und genau zu schauen, was in der Realität umzusetzen ist. Wichtig ist: Die Verantwortung trägt das Kultusministerium.
Gesundheit hat Vorrang: Nicht die Schulleiterinnen und Schulleiter vor Ort können hier die Verantwortung übernehmen, sondern die politisch Verantwortlichen müssen dies!
6. Sehr spannend sind alle Aussagen rund um die Kürzung des Lehrplans, die Kürzung der Fächer und ebenso die Kürzung der Unterrichtsstunden. Es wird keine Normalität geben. Es wird keine Schule geben, die ist, wie es bisher war. Es braucht Phasen des Ankommens. Das Lernen zu Hause war für alle sehr sehr unterschiedlich. Um diese Differenzen auszugleichen, braucht es Zeit. Das sind die Worte des Kultusministers. Sie müssen für uns Programmatik sein! Nicht nur in Zeiten der Krise, sondern weit über die Krise hinaus.
7. Zum Lern- und Leistungsbegriff: Es gibt kein „Corona-Sitzenbleiben“.
Alle Schülerinnen und Schüler werden auf Probe vorrücken, falls dies in irgendeiner Weise gefährdet war. Das ist doch mal eine Aussage! Das freut mich besonders, weil die Panikmache mit dem Sitzenbleiben aus der letzten Zeit gar nicht dazu beigetragen hat, den Ball flach zu halten und die Eltern und die Kinder zu beruhigen.
Vorrücken dürfen alle: Diese Aussage hat auch der Ministerpräsident noch mal bestätigt.
Jetzt können wir uns also fragen, wie es dann eigentlich im neuen Schuljahr weitergeht. Keinesfalls so, wie in den letzten Jahren zum Schulstart. Es wird garantiert auch das nächste Schuljahr ein anderes Schuljahr sein, das auf dem Corona-Jahrgang aufbaut.
Den Ball flach halten: Das gilt jetzt auch hier. Die Eltern beruhigen, uns Lehrerinnen und Lehrer entlasten und so auch Schülerinnen und Schüler motivieren, sich trotz dieser Krise weiter auf den Weg zu machen. Und freilich wäre es schön, wenn wir nun all die Differenzen durch zusätzliche Lehrer, durch individuelle Förderung und besondere Differenzierung ausgleichen könnten. Nur da kommt die zweite Krise: der Lehrermangel!
8. Wenn ab 11. Mai 80% der Schülerinnen und Schüler noch zu Hause lernen und wir es auch nicht mehr Homeschooling nennen, sondern eben Lernen zu Hause, dann muss auch der Auftrag neu geklärt werden. Welche Inhalte sollen gelehrt werden? Wie können wir kürzen? Was muss raus aus dem Lehrplan? Was ist eigentlich Job der Eltern? Nach Aussage des Kultusministers ist der Job der Eltern eben nicht Lehrer zu sein, denn Eltern sind keine Hilfslehrer. Sondern Eltern unterstützen ihre Kinder, soweit es ihnen möglich ist. Und klar ist auch: Die soziale Schere wird noch weiter aufgehen! Das wird uns lange begleiten …
9. Ganz entscheidend wird auch die Variable sein, wie viele Lehrerinnen und Lehrer an den einzelnen Schulen eigentlich da sein können. Wir werden alles daran setzen, dass die Risikogruppen-Definition, so wie sie jetzt bei den Notbetreuungen gilt, auch in Zukunft gilt. Das Kultusministerium in Bayern kann sich keinesfalls über die Kriterien des Robert-Koch-Instituts hinwegsetzen.
Risikogruppen sind: alle Kolleginnen, die schwanger sind, alle Langzeiterkrankten, alle chronisch Kranken, alle Lehrerinnen und Lehrer über 60 und selbstverständlich alle, die in irgendeiner Weise mit dem Coronavirus in Kontakt gekommen oder infiziert sind. Also: Es gibt jetzt schon Schätzungen, dass etwa ein Drittel der Lehrerinnen und Lehrer nicht zur Verfügung steht. Selbstverständlich müssen auch die Risikogruppen bei den Schülerinnen und Schülern und den Eltern bedacht werden…
Und wie genau die Situation sich im September darstellt: Hier können wir alle nur gemeinsam in die Glaskugel schauen!
Eine verlässliche Planung des nächsten Schuljahres wird es aufgrund der Krisen, des Lehrermangels und der Corona-Krise, nicht geben!
10. Besonders entlastend war für mich der Satz des Kultusministers, dass wir es eben nicht allen recht machen können. Dass sich die Lehrerinnen und Lehrer, die Schulfamilie und die Lehrerverbände gemeinsam bemühen, einen richtigen Weg zu finden. Alle bemühen sich. Alle geben ihr Bestes. Die Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist ihm besonders wichtig. Er will die Krise gemeinsam gestalten im Team. Der BLLV ist dran! Der BLLV ist dazu jederzeit bereit. Wir führen diesen Dialog!