Die Kritik, die sich Kultusminister Michael Piazolo mit seinem Vorstoß zur Stärkung der Wirtschaftsschulen eingehandelt hat, wird lauter. Vor allem an den Mittelschulen sind Wut und Frust groß. Die Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich im Stich gelassen. Sie befürchten einen weiteren massiven Verlust an Attraktivität. BLLV-Präsidentin Fleischmann sieht im Vorstoß des Kultusministers eine „unzulässige Privilegierung". Sie sagt: „Wer mit Mittelschullehrern spricht, hört sogar den verpönten Begriff ‚Resteschule`“ und spüre Resignation.
Wenn ab 2020 alle 77 Wirtschaftsschulen in Bayern mit der sechsten Klasse beginnen können, wird dies Auswirkungen auf die Mittelschulen haben - so die Befürchtung des BLLV. Die Realität zeigt bereits, dass diese Ängste nicht aus Luft gegriffen sind.
Noch weniger Schüler an Mittelschulen
Im niederbayerischen Deggendorf wird klar, was gemeint ist: Dort gibt es zwei Mittelschulen und eine Wirtschaftsschule. Die meisten Schülerinnen und Schüler, die in die sechste Klasse Wirtschaftsschule gehen, kommen aus der Mittelschule. Schulleiter Robert Seif, von der Deggendorfer Mittelschule Theodor Heuss, konstatiert einen „allgemeinen Rückgang der Schülerzahlen an beiden Mittelschulen“. Er spricht im Interview mit der SZ von einer „Gefährdung des M-Zuges“. Gerade diese Kinder wechselten nach der fünften Klasse auf die Wirtschaftsschule.
Für BLLV-Präsidentin Fleischmann ist klar: „Wir haben es hier mit einer eklatanten Fehlentscheidung zu tun“. Den Mittelschulen werde erheblicher Schaden zugefügt.
Das Kultusministerium beharrt unterdessen weiter auf Ergebnissen eines Modellversuchs, wonach es „keine signifikanten Schülerverlagerungen zulasten der Mittelschule“ gebe.
Offene Fragen sollen nun im Landtag geklärt werden. Die Grünen haben einen entsprechenden Berichtsantrag ans Schulministerium gestellt.