Der Fall*
Alexander K.* besucht die 8. Klasse einer bayerischen Mittelschule. Er verstößt mehrere Tage hintereinander immer wieder absichtlich gegen die vom örtlichen Gesundheitsamt erlassene Maskenpflicht. Trotz zahlreicher Ermahnungen verschiedener Lehrkräfte und eines Verweises der Klassenlehrkraft zieht er seine Mund-Nasen-Bedeckung immer wieder unters Kinn und gefährdet damit bewusst Mitschüler und Lehrkräfte.
In der Folge informiert die Schulleiterin in der Pause die Mutter des Schülers, Frau K., dass Alexander wegen fortwährenden Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz an diesem Tag nicht mehr am Unterricht teilnehmen dürfe und nach Hause gehen solle. Kurz nachdem Alexander das Schulgelände verlassen hat, platzt Frau K. in den Unterricht der Klasse ihres Sohnes und beschwert sich bei der Klassenleitung über die "völlig unpädagogische und unangemessene" Maßnahme.
Der herbeigerufenen Schulleiterin gelingt es erst einmal, die Situation zu beruhigen und die Mutter ins Schulleitungsbüro zu führen. Dort setzt diese jedoch ihre wüsten Beschimpfungen und Beleidigungen fort. Da trotz intensiver Bemühungen der Schulleiterin nach mehreren Minuten kein annähernd sachliches Gespräch möglich ist, entscheidet sie, den Versuch abzubrechen und bittet Frau K. höflich, das Rektorat zu verlassen.
Diese widersetzt sich den mehrmaligen Aufforderungen und droht stattdessen, die Polizei zu rufen. Zur Durchsetzung des Hausrechts verständigt die Schulleiterin ihrerseits die Polizei. Bis zum Eintreffen der Polizeibeamten lässt sich die Mutter nicht dazu bewegen, das Büro zu verlassen. Zusätzlich beginnt sie, die Schulleiterin mit ihrem Handy zu filmen und hört damit auch nicht auf, als sie mehrmals darauf hingewiesen wird, dass dieses Verhalten rechtswidrig sei und sie das Filmen unterlassen solle. Stattdessen hält sie der Rektorin das Handy unmittelbar vors Gesicht und setzt dabei ihre Anschuldigungen fort.
Als die Schulleiterin versucht, sich zu schützen und wieder einen Mindestabstand herzustellen, geht Frau K. ohne Vorwarnung auf die Schulleiterin los und verletzt sie am Arm. Auch beim Eintreffen der Polizei ist die Mutter nicht zu beruhigen und leistet gegen die polizeilichen Maßnahmen Widerstand.
Die Reaktion der Schulaufsicht
Frau K. musste von der Polizei in Handschellen abgeführt werden und wurde von den Beamten zur weiteren Vernehmung auf die Polizeiinspektion gebracht. Die Schulleiterin informierte das Schulamt vorab telefonisch, außerdem mit dem dafür vorgesehenen Formular für die "Meldung besonderer Vorkommnisse", welches auf dem Dienstweg an übergeordnete Behörden weitergeleitet wird. Sie erhielt eine Rückmeldung von ihrem zuständigen Schulrat, der ihr den Rücken stärkte und ihr besonnenes und umsichtiges, jedoch trotzdem entschlossenes Vorgehen lobte. So weit, so gut.
Die (Nicht-)Reaktion des Dienstherrn
Frau K. erstattete Anzeige gegen die Schulleiterin. Sie behauptete wahrheitswidrig, sie sei angegriffen worden und habe außerdem einen psychischen Schaden durch die traumatisierende Situation erlitten. Die Schulleiterin wollte eigentlich zunächst davon absehen, Anzeige zu erstatten, unter anderem um den Schulfrieden zu wahren. Nun stand sie vor dem Dilemma, sich auch selbst schützen zu müssen. Von Seiten des Dienstherrn gab es zu dem Vorgang keinerlei Reaktion.
Fazit
Wenn Lehrkräfte einen materiellen oder auch einen Personenschaden verursachen, greift unter bestimmten Voraussetzungen die sogenannte Amtshaftung, die einen gewissen Schutz bietet. Anders verhält sich die Sache, wenn Lehrerinnen und Lehrer in Ausübung ihres Dienstes geschädigt werden. Hier wird der Dienstherr nicht tätig und die Lehrkraft muss sich selbst darum kümmern, dass sie zu ihrem Recht kommt. Der BLLV vertritt seine Mitglieder im Fall des Falles. // Bernd Wahl, Leiter der Rechtsabteilung des BLLV
*Name geändert.
Die Rechtskolumne erschien in der bayerischen schule #1/2021.