Glasaugen, grünes Glück, eine syrische Mutter und Lehrerin, Tumordiagnose und Bienen: DOK.education zeigt die Vielfalt der Themen, die Kinder und Jugendliche bewegen. Bei der Preisverleihung in der Hochschule für Fernsehen und Film in München gingen fünf dotierte Preise an Schüler und Schülerinnen aus ganz Bayern. Die jungen Filmemacher und Filmemacherinnen erfreuten sich nicht nur einer Vorführung auf großer Leinwand, sondern auch der über Preise im Gesamtwert von 1.200 EUR. Die Eröffnungsrede hielt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Vorsitzende des Jungen BLLV Monika Faltermeier war Teil der Jury. Nach dem Einsendeschuss am 1. April 2023 sichtete die Jury 72 Kurzfilme von Schülern und Schülerinnen aus ganz Bayern. Besonders schön war dabei die ungewöhnlich hohe Anzahl an Einreichungen mit großer Bandbreite an Themen und teilnehmenden Schulformen.
Aus der Lebenswelt junger Menschen
Zum neunten Mal fand in diesem Jahr der Dokumentarfilmwettbewerb für junge Menschen, mit dem BLLV als Hauptsponsor, statt. Kinder und Jugendliche setzten sich anhand von Dokumentarfilmen mit einem für sie bewegenden Thema auseinander.
Die Verleihung in Bildern
Die Dokumentarfilmproduktion motiviert Kinder und Jugendliche, sich mit dem eigenen Blick in andere Lebenswelten auseinanderzusetzen. Sie lernen einen erzählerischen Fokus und passende filmische Stilmittel zu finden. Dieses Engagement der Schüler und Schülerinnen wie auch der dahinterstehenden Lehrkräfte zeichnet der BLLV als Hauptsponsor mit den dotierten Preisen aus.
Der BLLV gratuliert den Preisträgern und Preisträgerinnen herzlich:
Hauptpreis: GLASAUGEN von der Filmgruppe Klasse S2 und S4, Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte Nürnberg
Eine Filmgruppe stellt neugierig Fragen und findet humorvolle Antworten: Wie lernen Blinde einen neuen Raum kennen? Kann man auch Fußball spielen ohne zu sehen? Die Grundschüler und Grundschülerinnen – alle selbst mit Sehbeeinträchtigung – räumen mit einem Augenzwinkern Gerüchte und Berührungsängste aus dem Weg und öffnen denjenigen die Augen, die nicht wissen wie normal es ist, mit einer Sehbeeinträchtigung zu leben.
In diesem Film entdeckt die Jury die ganze Bandbreite an professionell eingesetzten Stilmitteln. Das Filmthema ist dramaturgisch eingeführt mit gespielten Szenen. Mit dokumentarischen Kamerablicken in gut gewählten Einstellungsgrößen beobachten die Filmschaffenden ihren Klassenkameraden Ayar auf dem Sportplatz, im Schulgebäude und im Schullandheim. Eine Erzählstimme aus dem Off hält die Elemente zusammen. Expert*innen informieren in gesetzten Interviews zum Thema. Bei diesem Film passt einfach alles zusammen!
1. Preis der Hauptkategorie: GRÜNES GLÜCK – VOM AUFBLÜHEN UND ZUSAMMENWACHSEN von Adia Hopp, Spessart Gymnasium Alzenau
In präzise komponierten Bildern wird ein Garten gezeigt: vom Schnee auf den Knospen über die ersten Sonnenstrahlen, die die Samen sprießen lassen. Der während des Corona-Lockdowns entstandene Selbstversorgergarten ist nicht nur für Familie Maringer ein „grünes Glück“. Als der russische Angriffskrieg beginnt, nehmen die Maringers eine ukrainische Familie bei sich auf und der Garten wird zum Bindeglied und Rettungsanker.
Die Wahl der Protagonisten und Protagonistinnen ist eine der bedeutsamsten Regie-Entscheidung im Dokumentarfilm. Diese ist der Filmemacherin gelungen. Auch technisch ist der Film herausragend: Die Filmemacherin beobachtet Details, spürt Emotionen nach und montiert Bild- und Tonebene professionell. Das Interview mit der ukrainischen Familie zeugt von Empathie und Mut, genau hinzusehen.
Es ist nicht nur ein Glück, Menschen wie die Maringers zu haben. Es ist auch ein Glück, dass diese Geschichte in einem Film festgehalten wurde. Ein Stück Zeitgeschichte.
2. Preis der Hauptkategorie: BEERA von der Filmgruppe algo, Staatliches Berufliches Schulzentrum Alfons Goppel Schweinfurt
Beera ist Lehrerin, Mutter, syrische Geflüchtete und jetzt in Deutschland wieder Schülerin. Auch die Filmemacher*innen haben ähnliche Erfahrungen durchmachen müssen. Sie führen das Interview mit Beera auf Augenhöhe und kombinieren es im Film mit feinfühligen Beobachtungen aus dem Alltag.
Die Protagonistin berichtet vom Krieg, davon wie hart es ist in einem fremden Land neu zu beginnen und wie schwer man an den Erlebnissen trägt. Dieses Gefühl fangen die Filmemacher und Filmemacherinnen ein. Und auch, wie es Beera manchmal gelingt sich an ihr „altes Ich“ vor dem Krieg zu erinnern – mit einem Lächeln im Gesicht.
3. Preis der Hauptkategorie: DOPPELLEBEN von Aliyah Deckert, Lara Treubel, Lucía Almagro-Schenk und Isabella Berge, Gymnasium Trudering
Eine Schülerin wird aus ihrem normalen Alltag gerissen, sie muss mit dem Verdacht auf Krebs und einer Tumordiagnose umgehen. Im Außen alles irgendwie aufrecht halten, im Inneren mit den Emotionen und der großen Ungewissheit umgehen – ein Doppelleben.
Im gesetzten Interview berichtet die Protagonistin mit großer Offenheit von ihrem persönlichen Schicksal. Doch schon die kunstvolle Montage zu Beginn des Films verdeutlicht: Ihre Geschichte ist mehr als ein Bericht. Sie ist ein filmisch umgesetzter Appell für mehr Achtsamkeit und Fürsorge für die Menschen um uns herum. Denn wir wissen nicht, wer gerade an welchem Päckchen zu tragen hat.
DOK.fest-Nachwuchspreis: PLANET BEE von der Trickfilm AG, Mittelschule Höchberg
In der Mittelschule Höchberg ist ein Bienenvolk – unter dem Regiment der Königin Ulla Maria Theresia der Ersten – eingezogen. Die Bienen AG, die auch dem Film seinen Namen gibt, lernte nicht nur viel über das Leben im Bienenstock, sondern zeigt auch ihr neu erworbenes Wissen, in Kooperation mit der Trickfilm AG „Instant Film Company“, in einem unterhaltsamen und kurzweiligen Stopmotion-Film.
Durch Zeichnungen, Collagen, Fotos der Filmemacher und Filmemacherinnen und informative Grafiken wird die Welt der Bienen anschaulich gemacht. Die Jury war beeindruckt von der Vielseitigkeit der Stile und dem gemeinsamen Engagement der Schüler und Schülerinnen für ein wichtiges Thema. Ohne Bienen kein Leben.
Ehrenpreis 2023 für filmpraktisches Engagement an einer Schule: Andreas Knorr und Stefan Altenbuchinger, Anita-Augspurg-Berufsoberschule München
Seit 2016 überzeugt die Filmklasse der Anita-Augspurg-Berufsoberschule am Königsplatz in München mit herausragenden filmischen Personenportraits, betreut vom Duo Andreas Knorr und Stefan Altenbuchinger. Fast jedem einzelnen dieser Dokumentarfilme kann man bescheinigen: Mit feinem Blick recherchieren die Schüler und Schülerinnen ihre Hauptpersonen, sie führen Interviews und setzen Menschen professionell ins Bild. Sie blicken in Leben und erzählen uns mit beobachtenden Bildern schlau montierte Geschichten. Etliche dieser Geschichten lassen einen nicht mehr los. Für ihren nachhaltigen und umfangreichen Einsatz in der Filmpraxis mit Schülern und Schülerinnen bekommen sie den Ehrenpreis 2023 für filmpraktisches Engagement an Schulen verliehen.
DOK.education
DOK.education ist der Bildungsbereich des jährlich im Mai stattfindenden Dokumentarfilmfestivals DOK.fest München. DOK.education vermittelt Filmpraxis, Filmlesekompetenz und Medienkompetenz wobei der künstlerisch erzählende Dokumentarfilm immer im Mittelpunkt steht. Neben dem jährlich ausgeschriebenen Dokumentarfilmwettbewerb für Schüler und Schülerinnen bietet DOK.education das ganze Jahr über Workshops, Fortbildungen und medienpädagogische Projekte für junge Menschen, Lehrkräfte und Erwachsene an. Das Filmbildungsprogramm Schule des Sehens ermöglicht Schulklassen den kulturellen Bildungsausflug zum Filmfestival im Mai. Dort sieht das junge Publikum Dokumentarfilme, die auf Augenhöhe aus der Lebenswelt junger Menschen erzählen und lernen den reflektierten Umgang mit dem dokumentarischen Medium. Das Online-Programm der Schule des Sehens, ausgezeichnet mit dem Pädagogischen Medienpreis, ist bis zum 31. Juli 2023 kostenfrei für Lehrkräfte und Schulklassen geöffnet.
Der BLLV ist Hauptpreisstifter und langjähriger Partner des Dokumentarfilmwettbewerbs.