Klar ist: In solchen Zeiten muss undogmatisch vorgegangen werden – aber nur unter den Prämissen, dass den Schülerinnen und Schülern keine Nachteile entstehen und eine bundesweit einheitliche Regelung gefunden wird. Dabei reicht es nicht aus, dass im Jahr 2020 alle Bundesländer versichern, sich die Abiturprüfungen gegenseitig anzuerkennen, egal wie diese aussehen. Es geht darum, dass die Abiturientinnen und Abiturienten, die anschließend mit ihrer Abschlussnote um Studien-, Ausbildungs- und Arbeitsplätze konkurrieren, vergleichbare und faire Bedingungen hatten.
Fair bedeutet, dass die Gewichtung bereits erbrachter Prüfungsleistungen (z.B. bereits geschriebene Klausuren) nicht geändert wird. Somit scheidet ein Hochrechnen der bisherigen Klausuren in den Abiturfächern zu einer fiktiven Note der Abschlussprüfung aus. Gerade in 11/I fallen die Klausuren durchweg eher mäßig aus – die Umstellung von der 10. auf die 11. Klasse fordert hier ihren Tribut. Wohingegen die Noten in der eigentlichen Abiturprüfung besser sind. Immerhin bereiten sich die Schülerinnen und Schüler gezielt und intensiv darauf vor.
Bundesländer müssen einheitliche Lösung finden
Vergleichbar bedeutet, dass die Bundesländer eine einheitliche Regelung treffen. Es mag sein, dass die Bundesländer, die näher an Italien und Frankreich liegen, schneller Ausgangsbeschränkungen verhängen mussten als andere. Hinsichtlich der Abiturprüfungen gibt es aber keinen Grund für regional unterschiedliche Lösungen.
Was ist also zu tun? Im besten Fall können die Abiturprüfungen zu den derzeit gültigen (verschobenen) oder nochmals verschobenen Terminen durchgeführt werden. Gegebenenfalls müssen Möglichkeiten gefunden werden, die Prüfungen mit einem möglichst geringen Ansteckungsrisiko durchzuführen oder zu verkürzen.
Im schlimmsten Fall können die Abiturprüfungen nicht abgehalten werden, weil bspw. die Schulen nicht rechtzeitig öffnen. Dann müssen alle Schülerinnen und Schüler, die zum Zeitpunkt der Schulschließung nicht endgültig nicht zum Abitur zugelassen wurden, die allgemeine Hochschulreife verliehen bekommen. Es ist dann an den Universitäten, sich Möglichkeiten zu überlegen, den Hochschulzugang ohne Rückgriff auf die Abiturnote zu regeln. Eine Überlegung, die auch nach Corona weitergeführt werden sollte. Denn die aufnehmende Institution kann am besten entscheiden, ob ein Bewerber/eine Bewerberin geeignet ist oder nicht. // Roland Kirschner, Leiter der Fachgruppe Gymnasium des BLLV