Vor zwei Jahren wurde angesichts der Ausbreitung des Coronavirus der erste Lockdown beschlossen. Zu dieser Zeit war nicht nur der medizinische Kenntnisstand sehr gering, auch die Politik tat sich mit der Steuerung schwer: Die Aussage des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn, man werde sich viel verzeihen müssen, stellte sich später als prophetisch heraus.
An den Schulen waren großer Einsatz, viel Organisation und Improvisation gefragt, um Vorgaben, die sich hochfrequent änderten und fast immer zu kurzfristig kommuniziert wurden, umzusetzen und darum zu kämpfen, für größtmögliche Sicherheit und bestmöglich gelingende Bildung zu sorgen. Daraus haben alle an Schule Beteiligten gelernt. „Nach zwei Jahren wissen wir, was unbedingt beachtet werden muss und welche Maßnahmen erforderlich sind“, stellt Udo Beckmann, Vorsitzender des BLLV-Dachverbands VBE, klar. Schulen erwarten nun von der Politik, dass sie die Expertise aus der Praxis vor Ort zur Grundlage ihres künftigen Handelns machen.
„Um hierfür Hilfestellung zu leisten, haben wir gemeinsam mit den 16 Landesverbänden des VBE unsere Erfahrungen und unsere Expertise in '12 Lehren aus Corona' zusammengefasst“, sagt Beckmann. „Diese bündeln unsere Erkenntnisse, wie man Schulen für die Zukunft so vorbereiten kann, dass vergleichbare Herausforderungen von ihnen deutlich besser bewältigt werden können.“
Ziel muss sein, vom meist reaktiven „Auf Sicht fahren“ in ein proaktives Gestalten überzugehen, in dem allen an Schulen Beteiligten vor Eintreffen veränderter Infektionslagen kommuniziert wird, was auf welcher Grundlage verbindlich gilt und wie es umzusetzen ist – sowie die Schulen mit dem nötigen Personal auszustatten, um unter veränderten Bedingungen professionell für Sicherheit und gelingende Bildung sorgen zu können.
12 Forderungen des VBE an die Politik
- Die Politik muss für alle an Schule Beteiligten transparent und nachvollziehbar machen, auf welcher wissenschaftlichen Basis sie welche Entscheidungen getroffen hat!
- Die Politik muss bei ihren Entscheidungen die Lebens- und Schulrealität besser beachten. Dafür müssen auch die Interessenvertretungen von Eltern, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräften in die Beratungen einbezogen werden, bevor Maßnahmen festgelegt werden!
- Die Politik muss transparente Stufenpläne auf der Basis bundeseinheitlicher Kriterien entwickeln, welche Maßnahmen bei welchem Infektionsgeschehen zu ergreifen sind!
- Die Politik muss Sorge dafür tragen, dass Vorgaben aus den Ministerien mit realistischem Vorlauf an die Schulen gegeben werden!
- Die Politik muss in den Schulen einen bestmöglichen Gesundheitsschutz gewährleisten, wo erforderlich auch durch den Einsatz technischer Geräte, um Präsenzunterricht zu ermöglichen!
- Die Politik muss dafür Sorge tragen, dass Lehrkräfte nur für das eingesetzt werden, für das sie ausgebildet sind!
- Die Politik muss die Leistung der Lehrkräfte anerkennen und sich schützend vor sie stellen.
- Die Politik muss Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler anerkennen, statt sich nur auf kognitive Leistung zu fokussieren.
- Die Politik muss das Bildungssystem dauerhaft mit Ressourcen ausstatten, sodass eine individuelle Förderung möglich wird. Sie muss zudem wirkungsvolle Strategien entwickeln, um pandemiebedingte kognitive und sozial-emotionale Defizite bei Kindern und Jugendlichen nachhaltig auszugleichen. Eine bessere Ausstattung mit Lehrkräften und multiprofessionellen Teams ist dafür unabdingbar.
- Die Politik muss sicherstellen, dass dem Ausstattungsschub mit digitalen Endgeräten echte Innovation beim Lehren und Lernen folgt.
- Die Politik muss das Kooperationsverbot durch eine in der Verfassung verankerte Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen ersetzen, um mehr Bildungsgerechtigkeit unabhängig vom Wohnort und sozioökonomischen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler gewährleisten zu können.
- Die Politik muss dafür sorgen, dass so in Schulbauten investiert wird, dass in ihnen zeitgemäßes Lernen, Lehren und Schulleben zu jeder Zeit sicher möglich ist.