Die Unterrichtsversorgung kippt - Pressemitteilung vom 06.03.2017
In einem Schreiben an Kultusminister Spaenle und viele andere Politiker/innen verlangt BLLV-Präsidentin Fleischmann die „sofortige Umsetzung eines Notprogramms“
An vielen Grund-und Mittelschulen droht die Unterrichtsversorgung nun endgültig einzubrechen. „Es fehlt an allen Ecken und Enden Personal. Die Lage ist vielerorts wirklich dramatisch. So kann das nicht mehr weitergehen“, kritisierte die Präsidentin des BLLV, Simone Fleischmann, in München.
Wenn Lehrkräfte aus Oberfranken schilderten, sie wüssten nicht mehr, wie sie „den normalen Schulbetrieb aufrecht erhalten sollen“ oder wenn Kolleginnen und Kollegen aus der Oberpfalz meldeten, dass es seit Schuljahresbeginn an ihren Schulen nur wenige Tage gegeben hätte, an denen „wir Unterricht nach Stundenplan halten konnten“ - an einer Schule sei von nur 10 Tagen die Rede gewesen - sei etwas gewaltig in eine Schieflage geraten.
Fleischmann verlangte in einem Schreiben an Kultusminister Spaenle die sofortige Umsetzung eines Notprogramms, um betroffene Schulen zu entlasten. Unterstützt wird sie dabei vom kompletten BLLV-Landesvorstand. Mit ihrem Appell richtete sie sich auch an alle Abgeordneten des Bayerischen Landtags, an den Fraktionsvorsitzenden der CSU-Landtagsfraktion, Thomas Kreuzer, und an alle CSU-Mitglieder im Bildungsausschuss.
„Wir stellen fest, dass die Unterrichtsversorgung in vielen Bereichen nicht mehr gewährleistet ist“, heißt es in dem Schreiben. Der BLLV-Vorstand habe sich ausführlich mit der kritischen Situation befasst und verlange einstimmig ein Notprogramm mit folgenden Maßnahmen:
- befristete Aussetzung der Lotsen an Realschulen und Gymnasien,
- befristete Aussetzung der Externen Evaluation,
- befristete Aussetzung der Kooperation Mittelschule – Wirtschaftsschule
- sowie eine befristete Aussetzung der Vorkurse.
Fleischmann betonte, dass der BLLV grundsätzlich alle diese Angebote anerkenne und natürlich auch um die pädagogische Bedeutung wisse. Angesichts der bedrohten Unterrichtsversorgung müssten jedoch Prioritäten gesetzt werden, so schwer das den Pädagoginnen und Pädagogen auch falle. Die Aussetzung der genannten Angebote sollte deshalb ausdrücklich nur befristet erfolgen.
Fakt sei, dass zugunsten des Kernunterrichts Schulleitungen oft kurzfristig gezwungen sind, Wahlangebote, Förderunterricht, Vorkurse und Arbeitsgemeinschaften ausfallen zu lassen, um den Unterricht einigermaßen zu sichern. Für ein Schulamt in Oberfranken z.B. würde dies 71 Stunden für Lotsen an Realschule und Gymnasium, 88 Stunden für Vorkurse und 11 Stunden für Evaluation bedeuten. Insgesamt 170 Stunden, d.h. ca. sechs Vollzeitlehrer.
Kommentar von Simone Fleischmann
Auf unsere Pressemitteilung mit dem Titel: "BLLV alarmiert: Die Unterrichtsversorgung kippt!" (06.03.2016) und der darin formulierten Forderung nach einem Notprogramm hat das Kultusministerium reflexartig mit einer weiteren Pressemitteilung reagiert.In dem Titel heißt es u.a. auch "Mobile Reserven im Einsatz - Unterricht findet statt - Ministerium um Dialog mit dem BLLV".
Tenor: Alles kein Problem. Wir Lehrerinnen und Lehrer wünschen uns aber, dass das Kultusministerium nicht die Augen vor unseren Problemen verschließt, sondern die dramatische Situation an den Schulen ernst nimmt. Mit schönen Worten kommen wir nicht weiter.
Mir ist es auch ein großes Anliegen, das Thema Flüchtlinge nicht gegen das Thema Bildung auszuspielen. Schon 2015 richtete ich im Schulterschluss mit anderen Lehrerverbänden einen eindringlichen Appell an alle politisch Verantwortlichen, genau dies nicht zu tun.
Die in der Pressemitteilung des Kultusministeriums getroffene Aussage, es lasse sich "nicht restlos ausschließen, dass es an einzelnen Schulen zu unvorhersehbaren Engpässen" komme, ist in meinen Augen schlicht dreist. Es kommt zu dramatischen Engpässen - und eben nicht nur in Einzelfällen.
Auch der darin formulierte Satz, dass "das Bildungsministerium, die Regierungen, die Schulämter und die Schulen mit verschiedenen Instrumenten den Unterricht sichern" würden, schreit nach einer Ergänzung: Auch die Schulleitungen und Lehrkräfte sichern mit ihrem Einsatz und ihrem Engagement für die Schulen und für ihre Schüler/innen den Unterricht - doch jetzt ist ein Punkt erreicht, an dem es nicht mehr geht.
Freilich, dass Kultusministerium hat Recht, wenn es argumentiert, dass der Arbeitsmarkt leer gefegt ist. Nachqualifizierung ist daher richtig. Damit untrennbar verbunden sein muss aber die Sicherung der Qualität.
Eben weil alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, fordert der BLLV jetzt ein Notprogramm. Leider ist dazu kein Wort in der Pressemitteilung aus dem KM zu lesen. Ich bleibe dabei: Es gilt umzusetzen, nicht schön zu reden. Wir bleiben dran.
zur Pressemitteilung vom 6. März 2016: "BLLV alarmiert: Die Unterrichtsversorgung kippt."