Ministerpräsident Söder hat nun reflexhaft das getan, was viele befürchtet haben. Nach den Erkenntnissen des Statistischen Bundesamtes, dass im deutlich weiblich dominierten Lehrerberuf von den Frauen überdurchschnittlich viel Teilzeit gearbeitet wird, dass die Lehrerschaft immer älter wird und dass die Studienanfängerzahlen wieder zurück gegangen sind, fällt dem Ministerpräsidenten nur ein, dass man an der Teilzeitschraube drehen muss. Die Möglichkeiten Teilzeit zu arbeiten sollen eingeschränkt werden, indem man zum Beispiel in den ersten Berufsjahren keine Teilzeit beantragen können soll oder dass man im Bereich der familienpolitischen Teilzeit mit zunehmendem Alter der Kinder die Teilzeitmöglichkeiten reduziert. Ein aus unserer Sicht fatales Signal.
Denn, was ist aus den Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes tatsächlich zu lesen?
Frauen im Lehrerberuf beantragen aufgrund ihrer Rolle in Gesellschaft und Familie mehr Teilzeit als Männer. Vielleicht sollte man auch darüber nachdenken, dass die Lehrerinnen und Lehrer Teilzeit nehmen, weil sie im Lehrerberuf – und das ist durch zahlreiche Studien wissenschaftlich nachhaltig belegt – enormen Belastungen ausgesetzt sind. Aber offensichtlich ist man in der Staatskanzlei davon überzeugt, dass man in der Lehrerschaft gerne auf Geld verzichtet, dafür länger die Füße hochlegt und deshalb Teilzeit wählt.
Des Weiteren ist zu entnehmen, dass der Altersdurchschnitt der Lehrerinnen und Lehrer naturgemäß steigt und dass wir ein enormes Nachwuchsproblem haben. Es ist also offensichtlich so, dass der Lehrerberuf im Moment für junge Menschen in der Berufswahl keine attraktive Alternative darstellt.
Welche Reaktion wäre dann normal?
Man könnte darüber nachdenken, wie man für die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen Entlastung schafft. Belastungen reduziert und so die Bereitschaft und Möglichkeiten bietet, mit dem Stundenmaß freiwillig wieder hochzugehen. Hier liegen genügend Vorschläge auf dem Tisch und Lehrerinnen und Lehrer wären dazu auch gerne bereit.
Man könnte auch darüber nachdenken, dass das Bild des Lehrerberufes für junge Menschen attraktiv sein muss. Neben einer attraktiven Bezahlung, die dem Vergleich mit Berufen außerhalb des öffentlichen Dienstes standhalten muss, geht es auch hier um motivierende Arbeitsbedingungen und auch um das Ansehen und den Ruf des Lehrerberufes in der Öffentlichkeit.
Nun mit weiteren Verschlechterungen in den Arbeitsbedingungen in Form von Teilzeiteinschränkungen und Teilzeitverboten zu reagieren, wie es Herr Söder macht, führt lediglich dazu, bei den Lehrerinnen und Lehrern weitere Frustration zu erzeugen. Dabei wird, wie schon oft gesehen, nicht die Verbesserung der Versorgungssituation, sondern eher der Anstieg von Dienstunfähigkeit und begrenzter Dienstfähigkeit, in die die Betroffenen getrieben werden, als Effekt zu sehen sein. Außerdem machen solche negativen Einschnitte und Beschränkungen den Lehrerberuf nicht wirklich attraktiver. Im Gegenteil, junge Menschen in der Phase der Berufswahl werden wohl kaum einen Beruf wählen, bei dem es zu immer mehr Einschränkungen bei der Gestaltung der Arbeitszeit kommt.
Wer nachhaltig die Situation verbessern möchte, muss in die Zukunft denken. Diejenigen, die schon im System sind, müssen motiviert sein. Dann sinkt auch die Teilzeitquote. Und diejenigen, die in das System kommen sollen, müssen geworben, nicht abgeschreckt werden.