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Söder will Teilzeitquote bei Lehrkräften reduzieren Startseite Topmeldung
Arbeitsbelastung

Weniger Teilzeit und die beste Vereinbarkeit von Familie und Beruf - wie soll das gehen?

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann kritisiert die Pläne zur Reduzierung der Teilzeitquote bei Lehrkräften: Im neuen Koalitionsvertrag stehe als Ziel "die beste Vereinbarkeit von Familie und Beruf". Daran sollte mitten im Lehrkräftemangel festgehalten werden!

Den Lehrerkräftemangel will Ministerpräsident Markus Söder aufgrund der engen Finanzlage in Bayern zwar nicht mit Stellenabbau bekämpfen, gleichzeitig will er aber die Teilzeitquote bei Lehrerinnen und Lehrern reduzieren. Angesichts des Lehrkräftemangels soll der Druck auf Lehrerinnen und Lehrer erhöht werden, weniger in Teilzeit zu arbeiten. Die Idee sei, Lehrkräfte dazu zu bewegen, von Teil- auf Vollzeit umzusteigen. Dies wolle Söder zum Beispiel mit dem Alter der Kinder verknüpfen, eine Höchstdauer von Teilzeitjahren festlegen oder jungen Beamten erst nach einer gewissen Dauer in Vollzeit die Möglichkeit auf Teilzeit geben. Weniger Teilzeit soll dem Lehrkräftemangel Luft verschaffen, so die Idee hinter Söders Reduzierung der Teilzeitquote. BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann kann da nur mit dem Kopf schütteln, denn natürlich betrifft die Teilzeitregelung vor allem Frauen in diesem Beruf.

Teilzeit ist das Versprechen von Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Simone Fleischmann sieht hinter der Idee der Teizeitreduzierung veraltete Vorstellungen: "Lehrer haben vormittags Recht und nachmittags frei, das kann ich nicht mehr hören. Teilzeit ist für viele Lehrerinnen das Versprechen von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf", stellt die BLLV-Präsidentin klar. "Wenn jetzt eine Frau hört, die selber drei Kinder hat und den Opa pflegt, dass sie längerfristig nicht mit zwölf Stunden arbeiten kann, sondern jetzt Vollzeit arbeiten muss, dann wird es einige Frauen geben - und solche Familien haben wir hier in Bayern - die sagen: dann komme ich gar nicht."


BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann


"Für was haben wir denn eigentlich eine Kampagne, um junge Leute zu gewinnen? Wer mehr Studierende im Lehramt will, muss auch attraktivere Arbeitsbedingungen bieten. Alles andere ist ein hilfloser Versuch, gegen Lehrkräftemangel kurzfristig zu agieren."

Dialog statt Vorgaben und Zwang

Simone Fleischmann plädiert viel mehr für individuelle Vereinbarungen: "Der Rektor, die Rektorin an der Schule wissen doch oft viel besser, welche Lehrkraft mehr arbeiten kann. Die Lösung könnte sein: Dass jede Lehrerin und jeder Lehrer mir ihrem Schulleiter und mit ihrer Schulleiterin darüber nachdenkt, wieviele Stunden kann ich nächstes Jahr geben. Und wir haben in den letzten zwei Jahren das alles nur geschafft, weil wir schon verdammt erfolgreich waren im Dialog mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort.


Der Schuss geht nach hinten los

Natürlich betrifft diese Maßnahme der Reduzierung der Teilzeitquote vor allem Frauen. Aber die BLLV-Präsidentin geht noch weiter: "Teilzeitkräfte arbeiten nicht nur wegen der eigenen Kinder weniger, sondern auch um sich selbst vor Überlastung zu schützen." Die Vorgabe oder ein Zwang aus der Teilzeit rauszugehen, gehe auf Kosten der Attraktivität des Berufs und sei daher "ein Schuss nach hinten", erklärt die BLLV-Präsidenten gegenüber der Süddeutschen Zeitung.


Kommentar von Hans Rottbauer, Leiter Abteilung Dienstrecht und Besoldung im BLLV

Nachhaltige Personalpolitik geht anders – Teilzeiteinschränkungen sind der falsche Weg


Ministerpräsident Söder hat nun reflexhaft das getan, was viele befürchtet haben. Nach den Erkenntnissen des Statistischen Bundesamtes, dass im deutlich weiblich dominierten Lehrerberuf von den Frauen überdurchschnittlich viel Teilzeit gearbeitet wird, dass die Lehrerschaft immer älter wird und dass die Studienanfängerzahlen wieder zurück gegangen sind, fällt dem Ministerpräsidenten nur ein, dass man an der Teilzeitschraube drehen muss. Die Möglichkeiten Teilzeit zu arbeiten sollen eingeschränkt werden, indem man zum Beispiel in den ersten Berufsjahren keine Teilzeit beantragen können soll oder dass man im Bereich der familienpolitischen Teilzeit mit zunehmendem Alter der Kinder die Teilzeitmöglichkeiten reduziert. Ein aus unserer Sicht fatales Signal.

Denn, was ist aus den Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes tatsächlich zu lesen?
Frauen im Lehrerberuf beantragen aufgrund ihrer Rolle in Gesellschaft und Familie mehr Teilzeit als Männer. Vielleicht sollte man auch darüber nachdenken, dass die Lehrerinnen und Lehrer Teilzeit nehmen, weil sie im Lehrerberuf – und das ist durch zahlreiche Studien wissenschaftlich nachhaltig belegt – enormen Belastungen ausgesetzt sind. Aber offensichtlich ist man in der Staatskanzlei davon überzeugt, dass man in der Lehrerschaft gerne auf Geld verzichtet, dafür länger die Füße hochlegt und deshalb Teilzeit wählt.

Des Weiteren ist zu entnehmen, dass der Altersdurchschnitt der Lehrerinnen und Lehrer naturgemäß steigt und dass wir ein enormes Nachwuchsproblem haben. Es ist also offensichtlich so, dass der Lehrerberuf im Moment für junge Menschen in der Berufswahl keine attraktive Alternative darstellt.

Welche Reaktion wäre dann normal?
Man könnte darüber nachdenken, wie man für die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen Entlastung schafft. Belastungen reduziert und so die Bereitschaft und Möglichkeiten bietet, mit dem Stundenmaß freiwillig wieder hochzugehen. Hier liegen genügend Vorschläge auf dem Tisch und Lehrerinnen und Lehrer wären dazu auch gerne bereit.
Man könnte auch darüber nachdenken, dass das Bild des Lehrerberufes für junge Menschen attraktiv sein muss. Neben einer attraktiven Bezahlung, die dem Vergleich mit Berufen außerhalb des öffentlichen Dienstes standhalten muss, geht es auch hier um motivierende Arbeitsbedingungen und auch um das Ansehen und den Ruf des Lehrerberufes in der Öffentlichkeit.

Nun mit weiteren Verschlechterungen in den Arbeitsbedingungen in Form von Teilzeiteinschränkungen und Teilzeitverboten zu reagieren, wie es Herr Söder macht, führt lediglich dazu, bei den Lehrerinnen und Lehrern weitere Frustration zu erzeugen. Dabei wird, wie schon oft gesehen, nicht die Verbesserung der Versorgungssituation, sondern eher der Anstieg von Dienstunfähigkeit und begrenzter Dienstfähigkeit, in die die Betroffenen getrieben werden, als Effekt zu sehen sein. Außerdem machen solche negativen Einschnitte und Beschränkungen den Lehrerberuf nicht wirklich attraktiver. Im Gegenteil, junge Menschen in der Phase der Berufswahl werden wohl kaum einen Beruf wählen, bei dem es zu immer mehr Einschränkungen bei der Gestaltung der Arbeitszeit kommt.

Wer nachhaltig die Situation verbessern möchte, muss in die Zukunft denken. Diejenigen, die schon im System sind, müssen motiviert sein. Dann sinkt auch die Teilzeitquote. Und diejenigen, die in das System kommen sollen, müssen geworben, nicht abgeschreckt werden.


Medienberichte zur Teilzeitreduzierung



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