München - Medienerziehung kommt an den Schulen zu kurz. Auch der Einsatz von Computern ist eher die Ausnahme als die Regel. Für den Präsidenten des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, ergeben sich daraus zwei Forderungen: „Zum einen muss die Medienerziehung deutlich aufgewertet, zum anderen die Computerausstattung noch besser werden.“ Würden die meisten Kinder zu Hause ganz selbstverständlich viel Zeit mit dem Computer verbringen, sei der Einsatz an den Schulen nicht alltäglich. Hier tue sich eine Kluft auf, die geschlossen werden müsse, erklärte Wenzel anlässlich des am 13. März stattfindenden „Tags des digitalen Lernen“. So setzt nur etwa ein Fünftel der bayerischen Lehrerschaft im Unterricht regelmäßig digitale Medien ein, etwa die Hälfte versucht es ab und zu. „Der Wille ist da, es fehlt aber an Zeit, an vielen Schulen mangelt es auch an der entsprechenden Ausstattung.“ Viel zu kurz kämen Möglichkeiten zur Hilfestellung und professionelle Anleitungen, die Heranwachsende im Umgang mit modernsten Fernsehgeräten, Computerspielen, Internet, sozialen Netzwerken oder Handys brauchen würden. „Sie müssen lernen, wie sie im Mediendschungel zurechtkommen und worauf sie achten müssen.“ Auch die Lehrerkräfte müssten besser unterstützt werden: „Sie müssen in die Lage versetzt werden, die Medienkompetenz der Schüler zu stärken. Dazu braucht es neben einer verbesserten technischen Ausstattung vor allem mehr Zeit, eine professionelle Ausbildung und mehr Möglichkeiten für Fortbildungen.“
Inzwischen gibt es eine Reihe sinnvoller und guter Angebote aus dem Kultusministerium, wie zum Beispiel Projekte wie MEBIS oder „Digitale Schule Bayern", die der BLLV ausdrücklich unterstützt. Allerdings werden mit ihnen bei Weitem nicht alle Schüler und Lehrer erreicht. „Nötig sind flächendeckende Verbesserungen, denn Kinder und Jugendliche dürfen im Umgang mit den neuen Medien nicht allein gelassen werden“, betonte Wenzel. „Sie müssen den reflektierten Umgang lernen, um die Flut an Informationen bewerten und einordnen zu können. Sie sollten auch wissen, wie sie an relevante Informationen gelangen und welche Stolpersteine bzw. Gefahren es im Mediendschungel gibt.“
Die Schulung der Medienkompetenz spiele im Unterrichtsalltag nach wie vor eine eher untergeordnete Rolle, so Wenzel. Lehramtsstudierende würden während ihrer Ausbildung zu wenig auf diese komplexen Fragen vorbereitet. Hinzu kämen die oftmals langsame Anbindung der meisten Schulen an das Internet, veraltete und unzureichende Schulhausvernetzungen sowie unzureichende Technologien in den Klassenräumen meist älterer Schulgebäude.
Zwar sind viele Schulen bereits besser ausgestattet und viele Lehrerinnen und Lehrer geben an, dass sie gerne deutlich mehr mit Computern im Unterricht ar-beiten wollten. Sie verweisen aber auf den Zeitmangel und Druck, unter dem sie und ihre Schüler stehen. Mobile Endgeräte wie schülereigene Tablets und Smartphones, die sich einfach und sinnvoll im Unterricht einsetzen lassen würden, werden mangels anforderungsgerechter Infrastruktur (WLAN) an den Schulen kaum unterstützt. Hinzu kommt ein Dschungel von Vorschriften, die im Unterrichtsalltag praktisch nicht einzuhalten sind. „Das schreckt selbst die gutwilligsten Lehrkräfte ab.“
Nach wie vor ist lediglich in berufsorientierten Fächern der Einsatz von Computersoftware in Lehrplänen oder Rahmenrichtlinien geregelt. In den meisten Fächern aller Schularten gibt es unverbindliche Empfehlungen. „Viele Lehrkräfte schlagen sich aber noch mit einem weiteren Problem herum“, so Wenzel. Inzwischen sei das Angebot an Lernsoftware und digitaler Unterrichtsmedien so groß, dass es kaum noch zu überblicken, geschweige denn einzuordnen und zu bewerten sei. Ungeklärt sei auch, wer für die vielen nötigen Schullizenzen finanziell aufkommt.
„Die Einarbeitung in ständig neue Programme und Programmversionen, das Sichten des Medienangebotes und vor allem das Bereitstellen von digitalen Ma-terialien für den Unterricht sprengt das Zeitbudget selbst hoch motivierter und engagierter Lehrkräfte“, sagte der BLLV-Präsident. Die Orientierungsangebote aus dem Kultusministerium seien zwar durchaus hilfreich, doch sie reichten nicht aus. Sie umfassten zudem nur einen kleinen Ausschnitt. „Lehrerinnen und Lehrer wollten vor allem Fortbildungen - und zwar nach gestuften, kontinuierlichen und passgenauen Angeboten, die die Einführung in die technischen Fertigkeiten, den praktischen Einsatz im Unterricht und die Hinführung zu neuen, schülerzentrierten Lernformen umfassten.“
Für den BLLV forderte Wenzel:
- Mehr Zeit
- Kleinere Klassen und Gruppen
- Den kontinuierlichen Ausbau schulischer Medientechnik
- Die Anbindung aller Schulen an leistungsfähige Breitbandnetze
- Den Aufbau einer zentralen staatlichen Koordinations- und Infrastruktur
- Schulfreundliche Ausgestaltung des Urheberrechts und Datenschutzes
- Verpflichtende medienerzieherische Inhalte
- Passgenau abgestimmte Lehrerfortbildungen