Die enorme Resonanz zeigt, wie wichtig das Thema "Demokratie" vielen Lehrkräften ist. Rund 100 Lehrerinnen und Lehrer waren am Dienstag, 18. Oktober, in die Münchner Grundschule an der Weilerstraße gekommen - viel mehr als erwartet. Mit Weisband hatten die Organisatoren eine Rednerin mit zugkräftigem Namen gewonnen. Die 31-Jährige Diplom-Psychologin war von Mai 2011 bis April 2012 politische Geschäftsführerin der Piratenpartei - jener Partei, die mit Hilfe digitaler Medien die politische Landschaft umkrempeln wollte und vor allem jüngere Menschen zu ihren Anhängern zählt.
Weisband:"Ich war als Schülerin völlig unpolitisch"
Die gebürtige Ukrainerin begann ihren Vortrag mit einem entwaffnendem Bekenntnis: "Als Schülerin war ich völlig unpolitisch. Ich dachte mir damals 'Ich bin ja eh' nur Flüchtling, das machen die Deutschen doch unter sich aus'". Ihr Erweckungserlebnis hatte sie, als sie sich mit 21 Jahren zum ersten Mal an der Bundestagswahl beteiligten durfte. "Ich fand das krass: Du kommst in dieses Land und die lassen dich dieses Parlament wählen, obwohl du gar keine Ahnung davon hast." Kurz darauf trat sie in die Piratenpartei ein. Zwei Jahre später war sie politische Geschäftsführerin. "Das war so nicht geplant, das war eher ein Unfall", sagte sie und hatte die Lacher auf ihrer Seite.
Demokratiebildung muss schon früh beginnen
Weisband versteht aus eigener Erfahrung, wie Teenager und junge Erwachsene ticken. "Wir haben viele junge Menschen, denen zu Durchsetzung ihrer Ziele grundlegende Kompetenzen fehlen. Das gibt ihnen ein Gefühl der Ohnmacht und macht sie anfällig für Populismus". Als Leiterin des Demokratie-Projekts "Aula - Schule gemeinsam gestalten" will sie das ändern. Ihre Erkenntnis: "Wir müssen ganz früh mit politischer Bildung anfangen, und zwar ab dem Alter, ab dem Schüler entwicklungspsychologisch gesehen reflektierte Entscheidungen treffen können - also ab zwölf Jahren." Ebenfalls wichtig: "Die Schüler müssen sehen, dass sich ihr Handeln im Alltag sofort auswirkt."
Online-Demokratie - eine neuer Weg
Das erleben sie bei Aula. Aula ist ein von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördertes Projekt, bei dem Jugendliche mit Hilfe einer Online-Plattform das Schulleben auf demokratische Weise selbst gestalten können. Dazu schließen, Schüler, Lehrkräfte, Schulleitung und Eltern einen Vertrag, der die Rahmenbedingungen festgelegt. Über die Online-Plattform kann jeder Schüler seine Ideen und Anregungen zur Diskussion stellen und darüber abstimmen lassen. Das virtuelle Votum wird durch die wöchentliche Aula-Konferenz ergänzt. Dort tauschen sich die Schüler persönlich untereinander aus. Die Schulleitung prüft die Umsetzbarkeit der Vorschläge und hat ein Vetorecht. Aula wird derzeit an vier Schulen erprobt.
Mehr Mitbestimmung macht Schüler zu Persönlichkeiten
Die ersten Ergebnisse sind ermutigend. Ehemals eher passive, am Schulleben uninteressierte Schüler einer Brennpunktschule in Freiburg erscheinen seit der Einführung von "Aula" wie ausgewechselt. "Sie erleben sich als selbstwirksam, haben an Selbstvertrauen gewonnen und bringen sich mit großen Engagement ein", berichtet Weisband. Es scheint sich also auszuzahlen, Schülern mehr Mitbestimmungsrechte einzuräumen und damit Verantwortung zu übertragen.