München - Der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, hat davor gewarnt, pädagogisches Personal an Schulen zu verschleißen. „Die Belastungen im Lehrerberuf haben deutlich zugenommen. Zu viele Lehrkräfte sind ausgepowert, werden physisch oder psychisch krank.“ Wenzel macht dafür die personelle Unterversorgung an den Schulen und die steigende Aufgabenfülle verantwortlich. Hinzu komme, dass Erziehungsaufgaben immer mehr auf die Schule abgewälzt würden - „Aufgaben, die in der Summe komplexer und schwieriger geworden sind und weit über den Unterricht hinausgehen, zum Beispiel, wenn es darum geht, einem Scheidungskind optimal zu helfen.“ Wenzel begrüßte ausdrücklich den Vorstoß der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw), die sich bei einem Kongress am Dienstag mit dem Thema „Burnout im Bildungssystem“ beschäftigen wird. „Der BLLV hat bereits vor zehn Jahren das ‚Institut für Gesundheit in Pädagogischen Berufen‘ (IGP) gegründet, um so ein Angebot für Lehrerinnen und Lehrer zu schaffen, die vor einem Burnout stehen oder - noch besser - die ihn vermeiden wollen.“ Die wissenschaftliche Leitung des Instituts liegt in den Händen des Freiburger Neurobiologen Prof. Joachim Bauer.
„Die Situation war bereits vor zehn Jahren bedenklich und sie hat sich nicht wesentlich verbessert“, konstatierte Wenzel heute in München. Mit dem IGP habe der BLLV ein Angebot auf den Weg gebracht, das den Schwerpunkt vor allem auf präventive Maßnahmen legt. „Die Staatsregierung ist in Sachen Lehrergesundheit allerdings bis heute weitgehend untätig geblieben“, kritisierte Wenzel und forderte die Politik auf, die Hausaufgaben in Sachen Lehrergesundheit zu erledigen. „Moderne Bildungssysteme brauchen motiviertes und engagiertes Personal, nur so kann Bildungsqualität gewährleistet werden.“
Fakt sei, dass viele Lehrerinnen und Lehrer bereits in jungen Jahren ausbrennen würden und dem Stress nicht oder nur schwer standhielten. „Häufig werden die Probleme aus den Klassenzimmern mit nach Hause genommen, vor allem dann, wenn es darum geht, Heranwachsenden in Lebenskrisen helfen zu wollen oder wenn die Grenzen des Machbaren erfahren werden“, schilderte der BLLV-Präsident. Die problematischen Rahmenbedingungen wie zu große Klassen oder zu wenig Personal verursachten bei vielen Kolleginnen und Kollegen Stress - der an sich erfüllende Lehrerberuf werde so zunehmend als unbefriedigend und nervenaufreibend erlebt.
Problematisch sei auch die Wahrnehmung vieler Eltern: „Viele sehen in der Lehrkraft in erster Linie eine Person, die über die Zukunft ihres Kindes entscheidet, weil sie Noten vergibt und Zeugnisse erstellt. Übersehen wird dabei, dass auch Lehrerinnen und Lehrer Zwängen ausgesetzt sind und oftmals Vorgaben umsetzen müssen, die sie pädagogisch für fragwürdig ansehen“, sagte Wenzel. Der BLLV habe bereits mehrfach auf die Zunahme von Verfahren verwiesen, bei denen Eltern gegen Lehrer klagten. Auch dies sei ein immenser Belastungsfaktor im Lehrerberuf.
Wenn Kolleginnen oder Kollegen erkrankten, seien Mehrarbeit und Überstunden die Folge. Vor allem Schulleiter/innen treffe es hart: Sie müssten improvisieren, oft wüssten sie nicht, wie sie den Unterricht überhaupt noch aufrechterhalten sollen, weil die Lehrerversorgung auf Kante genäht sei.